Jede der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland hat die Segnung gleichgeschlechtlicher Ehepaare für sich geregelt. Bei der Mehrzahl sind gleichgeschlechtliche und heterosexuelle Paare inzwischen komplett gleichgestellt: Auch für gleichgeschlechtliche Paare werden dort Traugottesdienste angeboten.
Nicht ganz so tolerant geht die Evangelischen Landeskirche in Württemberg mit der Frage um: Auf der Herbstsynode der württembergische Landessynode: wurde nun beschlossen, dass homosexuelle Paare sich weiter nicht trauen lassen dürfen. Ein Gesetzesentwurf, der unter anderem Gottesdienste für homosexuelle Paare anlässlich einer zivilen Eheschließung künftig "Traugottesdienste" nennen wollte, verfehlte am Freitag bei der Abstimmung in der Landessynode knapp die Zweidrittel-Hürde. Damit gilt weiterhin der Kompromiss aus dem Jahr 2019, der von "Segnungsgottesdiensten" spricht.
Für den Beschluss des Gesetzes hätte es mindestens 60 Ja-Stimmen gebraucht, es gab aber lediglich 56 bei 31 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen. Die Synodalen des theologisch konservativen Gesprächskreises "Lebendige Gemeinde" hatten bei der Abstimmung zur ersten Lesung alle gegen das Gesetz gestimmt oder sich enthalten. Bei der zweiten Lesung wurde geheim abgestimmt. Bei der Aussprache zum Gesetzesentwurf sagte Matthias Hanßmann von der "Lebendigen Gemeinde" am Donnerstagabend, es brauche keinen neuen Gesetzesentwurf, da der bereits existierende Kompromiss vorsehe, dass homosexuelle Paare in bestimmten Gemeinden einen Segnungsgottesdienst feiern können.
"Wir haben uns bewegt, wir haben einen Kompromiss", sagte Hanßmann. Laut dem Kompromiss von 2019 entscheiden Kirchengemeinden selbst, ob sie Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare anbieten wollen. Für Synodale des liberalen Gesprächskreises "Offene Kirche" und andere Kirchenparlamentarier geht diese Regelung nicht weit genug. Sie forderten, die Feiern anlässlich einer bürgerlichen Eheschließung als "Traugottesdienste" zu bezeichnen und sie damit begrifflich den Trauungen heterosexueller Paare gleichzustellen.
Öffentliche Segnungen sind überall möglich
Fast jede Landeskirche sieht vor, dass Gemeinden und Pfarrer nicht dazu gezwungen werden können, gleichgeschlechtlichen Paaren ihren Segen zu geben. In der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen sind öffentliche Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare nicht möglich. Bislang entspricht in 14 Landeskirchen die Segnung einer kirchlichen Trauung und ist damit auch eine Amtshandlung, die in einem Gottesdienst geschieht.
Dazu zählen: die Evangelische Kirche im Rheinland, die Lippische Landeskirche, die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, die Evangelische Kirche der Pfalz, die Evangelische Landeskirche Baden, die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die Bremische Evangelische Kirche, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg, die Evangelisch-reformierte Kirche, die Nordkirche, die Evangelische Kirche von Westfalen und die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, wo allerdings die Gemeinden entscheiden dürfen, wie sie mit gleichgeschlechtlichen Paaren umgehen.
In fünf Landeskirchen sind Segnungen in Gottesdiensten möglich. Sie werden jedoch nicht als Trauungen bezeichnet. Segnungen sind in der Evangelischen Landeskirche Anhalts, in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe möglich.
Einen Sonderfall stellt die Evangelische Landeskirche in Württemberg dar. Dort hatte die Synode im März 2019 beschlossen, dass in bis zu einem Viertel der Gemeinden Segnungsgottesdienste nach einer zivilen Eheschließung angeboten werden können. Eine weitergehende Regelung fand in der Synode am Freitag nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Bedingung für Segnungsgottesdienste ist, dass im Gemeinderat drei Viertel der Mitglieder und unter den Pfarrern einer Gemeinde ebenfalls drei Viertel einwilligen. Maximal ein Viertel aller württembergischen Kirchengemeinden dürfen seitdem solche Feiern anbieten. Sollten mehr das wollen, muss die Synode sich erneut mit dem Thema beschäftigen.



