Das Buntglasfenster einer kleinen evangelischen Kapelle in Regensburg kommt bundesweit als Briefmarke groß raus: Das Fenster zeigt die Geburt Jesu im Stall in prächtigen Farben und ist als Motiv für die Weihnachtsmarke der Deutschen Post vorgesehen, die damit das Briefeschreiben zu Weihnachten verschönern möchte. Das Motiv gewann bei einem Briefmarken-Gestaltungswettbewerb des Bundesfinanzministeriums.
Eingereicht haben den Beitrag die beiden Wuppertaler Grafikdesigner Horst und Gerda Neumann. "Wir haben nach einem Motiv gesucht, das die Herzen erwärmt und bei dem das neugeborene Kind im Fokus steht", sagt Gerda Neumann. Fern von allem Kitsch sollte es ein Motiv sein, das die Wertigkeit eines Neugeborenen in aller Welt zum Ausdruck bringt, und zeigen, "dass alle Menschen, wo sie auch geboren sind, gleichwertig sind".
Das farbenprächtige Bild zeigt Maria und Josef in bunten Gewändern betend vor dem Jesuskind in einem ärmlichen Stall. Die drei Protagonisten sind mit einem Heiligenschein gekennzeichnet. Im Hintergrund sind Ochs und Esel abgebildet, über ihnen ein Sternenhimmel.
Nach umfangreichen Recherchen haben die beiden Künstler ein solches Motiv im Sonntagsblatt, dem Wochenmagazin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, entdeckt. Dort war es in der Ausgabe vom 25. Juni 2023 als Aufmacher-Bild zu einer Serie mit dem Titel "Glaubst du?" abgedruckt. "Da stimmte wirklich alles - das Kind als Hoffnungsträger", sagen die beiden, die schon mehrere Entwürfe für die Deutsche Post realisiert haben.
Die Qual der Wahl bei der Motivsuche
Mehrere 100 Bilder hätten sie zuvor gesichtet, bevor sie sich für das Regensburger Motiv entschieden. Für den philatelistischen Bereich sei die Grafik nochmal leicht bearbeitet worden, sagt Gerda Neumann, die im Rahmen ihrer Ausbildung auch in einer Glasmalerei gearbeitet hat. Nach Einreichung ihres Entwurfs erhielten sie den Zuschlag, sodass das Kirchenfenster seit dem 22. September als Weihnachtsmarke auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums angekündigt ist und ab 3. November an den Ausgabestellen der Deutschen Post gekauft werden kann. Der Nennwert der Sonderbriefmarke ist mit 95 Cent angegeben, plus 40 Cent für die Freie Wohlfahrtspflege.
Das Original, also das Buntglasfenster, befindet sich in einer Kapelle im dritten Stock des Alumneums, einem ehemaligen Internatsgebäude des evangelischen Gymnasiums, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Jugendstil umgestaltet wurde. Heute sind darin neben der Nikolaus-Gallus-Kapelle verschiedene Dienste und Abteilungen der evangelischen Kirche untergebracht. Der Raum, in dem sich das Buntglasfenster befindet, ist mit einer opulent verzierten Holzbalkendecke ausgestattet. An der Nordseite des Raums sind gleich zwei Hinterglasbilder zu sehen, ein Kreuzigungsbild und das besagte Weihnachtsmotiv.
"Die beiden Bilder sind nicht in der Darstellung signiert, was im 19. und 20. Jahrhundert bei Glasgemälden durchaus zu erwarten wäre", sagt Rosa Micus vom kirchlichen Archiv in Regensburg. Die Historikerin vermutet daher, dass die Fenster wesentlich älter sind und aus der ersten protestantischen Kirche Regensburgs, der Neupfarrkirche, transferiert wurden. Deren Farbverglasung wurde damals bei einer Erneuerung Anfang der 1960er Jahre eingelagert. Das könne dann auch "die beiden für einen Kapellenraum untypischen Motive" erklären. "Sie zeigen mit der Geburt Jesu die Ankunft des Erlösers in der Welt und mit dem Kreuzigungsbild die Heilstat Jesu", sagt Micus.
Wenn dieses Jahr wieder viele Menschen die Weihnachtspost an Familie und Freunde mit der Sonderbriefmarke verschönern, wird gleichsam mit jedem Aufpappen der Marke an das Kind als Hoffnungsträger und Erlöser der Welt erinnert.



