Das Leipziger Stadtleben hat er über Jahrzehnte mitgeprägt. Der evangelische Theologe Friedrich Magirius war in Kirche und Kommunalpolitik aktiv. Er zählt zu den wichtigsten und zugleich umstrittensten Protagonisten der friedlichen Revolution. Jetzt ist der gebürtige Dresdner im Alter von 95 Jahren gestorben.
Nach Leipzig war er 1982 gekommen. Er wurde Pfarrer an der Nikolaikirche und zugleich Superintendent des Kirchenbezirkes Leipzig Ost. Seine Person ist mit dem Beginn der montäglichen Friedensgebete in der DDR verbunden, aus denen die Montagsdemonstrationen hervorgingen.
Seine Rolle in der friedlichen Revolution ist jedoch umstritten. Einige sehen in ihm den Vermittler zwischen staatlichen Instanzen und kirchlichen Basisgruppen. Andere werfen ihm vor, sich für die Abschaffung der Montagsdemonstrationen eingesetzt und sich öffentlich von DDR-Bürgerrechtsgruppen distanziert zu haben.
Der Theologe selbst beschrieb es in seiner 2017 erschienenen Biografie so: "Ich befand mich zunehmend in einem inneren Konflikt zwischen den sich anbahnenden, notwendigen politischen Veränderungen und der Loyalität zur Kirche."
Friedrich Magirius wurde am 26. Juni 1930 in Dresden geboren und wuchs bis zu seinem Abitur in Radebeul auf. Er studierte an der Kirchlichen Hochschule Berlin-Zehlendorf und an der Universität Greifswald Theologie. Seine erste Pfarrstelle trat er 1958 in Einsiedel (heute: Chemnitz-Einsiedel) an.
1974 wechselte er an die Dresdner Kreuzkirche, wurde aber im selben Jahr für die Leitung der Aktion Sühnezeichen in der DDR freigestellt. Bis heute setzt sich die Organisation in den ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern für die Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg ein.
Magirius blieb bis zu seiner Pensionierung 1995 Pfarrer und Superintendent in Leipzig. Dort lebte er auch im Ruhestand. Er hinterlässt seine Ehefrau und drei Kinder.
Der Theologe war ein Friedensarbeiter. Als Pfarrer in der DDR kannte Magirius die alltägliche Gratwanderung zwischen Anpassung und Aufbegehren. Er sei "keiner, der stürmt und drängt", sagte er einmal: "Aber wo die Herausforderung am größten ist, wollte ich gern dabei sein."
1990 gestaltete er wohl auch deshalb als Moderator des Runden Tisches in Leipzig die neuen, demokratischen Strukturen in der Stadtgesellschaft mit. In einer Zeit des Umbruchs übernahm er als Stadtpräsident von 1990 bis 1994 auch politische Verantwortung. Von der Partei Bündnis90/Die Grünen wurde er 1994 als Kandidat zur Leipziger Oberbürgermeisterwahl aufgestellt. Für seine Verdienste hat ihm die Stadt Leipzig 2022 die Ehrenbürgerwürde verliehen.
Zu seinen herausragenden Lebensleistungen zählen die Verdienste um die deutsch-polnische Versöhnung. Wie ein roter Faden zieht sich das stete Bemühen um Versöhnung und Frieden, gegen Hass und Zwietracht durch sein Lebenswerk. 2005 erhielt er die Ehrenbürgerwürde der polnischen Stadt Krakau.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sieht nach dem Tod von Magirius "eine große Lücke". Der Ehrenbürger hinterlasse ein Vermächtnis, nämlich "Hilfe dort zu leisten, wo sie am meisten gebraucht wird", erklärte der Kommunalpolitiker. Magirius habe "immer die Gerechtigkeit und das friedvolle, demokratische Miteinander im Blick zu behalten".