Berlin (epd). Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD verhandeln weiter über die Gestaltung des neuen Wehrdienstes. Wie eine Sprecherin der SPD-Fraktion am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte, gibt es bislang noch kein Ergebnis. Berichte, wonach über ein Losverfahren die Zahl der Wehrdienstleistenden erhöht werden soll, bestätigte sie nicht. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch betonte in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv: „Entscheidend für uns ist, dass wir erst mal mit der Freiwilligkeit beginnen.“ Für die Definition klarer Ziele zeigte er sich aber offen.
Das Kabinett hatte bereits Ende August einen Gesetzentwurf für den neuen Wehrdienst beschlossen. Vorgesehen ist, dass volljährige junge Männer künftig einen Fragebogen zu ihrer Dienstbereitschaft in der Bundeswehr ausfüllen müssen, Frauen können das freiwillig tun. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist nicht vorgesehen, bleibt jedoch als Option bestehen, falls sich nicht genügend Freiwillige melden. Einen Automatismus dafür soll es dem Entwurf zufolge nicht geben.
Dies sorgte für Kritik aus der Union. Sie fordert klarere Kriterien dazu, in welchem Fall es zu einer Wehrpflicht kommen könnte. Schon vor der ersten Beratung im Parlament hat sich deswegen die Debatte über Änderungen an dem Entwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) entzündet. Die für vergangene Woche vorgesehene erste Lesung wurde von der Tagesordnung des Bundestags genommen, um Zeit für interne Beratungen zu gewinnen. Für diesen Donnerstag steht das Thema nun erneut im Parlament auf dem Plan.
Das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ hatte am Sonntagabend unter Berufung auf die Koalitionsfraktionen berichtet, dass sich Union und SPD auf ein Losverfahren verständigt hätten. Die Idee: Wenn es nicht genügend Freiwillige gibt, soll unter denjenigen, die den Fragebogen ausfüllen mussten, gelost werden, wer gemustert und gegebenenfalls zu einem mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet wird. Zudem soll Pistorius Zahlen nennen, ab welchem Zeitpunkt er wie viele Wehrpflichtige benötigt. Sie würden als Kriterien für die etwaige Nutzung von Pflichtelementen herangezogen.
Miersch sagte, man rede „überhaupt nicht über Losverfahren“. Es werde „sicherlich Zahlen geben“, aber es gebe „nicht den Tag X, wo man dann den Hebel umschaltet und einen Automatismus einsetzt“, ergänzte er. Der Bundestag werde sich mit den Ergebnissen der Jahre auseinandersetzen, um dann zu entscheiden, wie man weitermache. Dies wäre der Weg, wie ihn auch Pistorius' Entwurf für die mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht vorsieht.
Der Co-Vorsitzende der Linken im Bundestag, Sören Pellmann, forderte angesichts möglicher Pflichtelemente im Wehrdienst-Gesetz eine „Opt-Out-Klausel im Verfahren“. „Denn die Möglichkeit zu verweigern, muss erhalten bleiben“, sagte er. Skepsis gegenüber einem Pflichtmodell kam zudem von der katholischen Kirche. Pflichtdienste und in besonderer Weise der Wehrdienst stellten schwere Eingriffe in die verfassungsmäßigen persönlichen Freiheitsrechte dar, die in hohem Maße begründet werden müssten, heißt es in einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz, die am Montag in Bonn veröffentlicht wurde.