Natürlich hat der Mann Dreck am Stecken, sonst hätten sie Rolle nicht mit Peter Benedict besetzt. Außerdem heißt er Probek. Namen sind in Filmen, Serien und Romanen zumeist kein Zufall: Probek hieß der gleichermaßen kaltblütige wie raffinierte Verbrecher, den Götz George ganz famos in Dominik Grafs ausgezeichnet gealtertem Thriller "Die Katze" (1988) verkörpert hat.
Auch wenn der Vergleich zwischen einem TV-Krimi und einem Kinofilm, für den Graf damals den Deutschen Filmpreis bekommen hat, nicht fair ist: Von der Qualität dieses modernen Klassikers ist "Gefährliche Gewässer" ein ganzes Stück entfernt, zumal es im Rahmen der Reihe mit Anna Maria Mühe schon deutlich bessere Beiträge gegeben hat. Das zehnte "Solo für Weiss" ist der vierte Film in Folge, bei dem der an vielen preisgekrönten Produktionen beteiligte Kameramann Gunnar Fuß auch Regie geführt hat.
Die Bildgestaltung ist ähnlich wie bei seinen anderen Episoden ausgezeichnet. Gerade die Inszenierung des Raums bei den Aufnahmen der nächtlichen Polizeieinsätze am Hafen sowie die wahlweise in kaltem Graublau oder giftigem Gelbgrün gehaltenen Revierszenen kreieren eine Atmosphäre, die nicht nur der spätherbstlichen Drehzeit entspricht: Die Stimmung im Kieler LKA ist ziemlich unterkühlt. Dafür sorgt vor allem Nora Weiss’ Verdacht gegen Peter Probek.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Sie ist überzeugt, dass der Sternekoch als "big player" bei einem Drogenhandel in großem Stil im Hintergrund die Fäden zieht: In allen norddeutschen Orten, die er mit seiner Ware beliefert, ist der Rauschgiftkonsum gestiegen. Noras Chef (Peter Jordan) reicht das nicht, um gegen den prominenten Mitbürger vorzugehen: Probek genießt hohes Ansehen, spendet großzügig und versorgt Küchen für Obdachlose mit Mahlzeiten. Trotzdem steht für die Zielfahnderin außer frage, dass er ein Wolf im Schafpelz ist.
Der Hai würde sich als Tieranalogie allerdings noch besser eignen, wie sich später zeigt, als sich im selben Becken plötzlich auch einige kleine Fische tummeln, und damit widmet sich das Drehbuch von Paul Salisbury, der auch das letzte "Solo für Weiss" ("Tödliche Wahl", 2024) geschrieben hat, einer zweiten Ebene, auf der es fortan gerade aus Noras Sicht sehr persönlich wird.
Parallel zu einem SEK-Einsatz, der jedoch ergebnislos endet, wird ein ehemaliger Unternehmer auf seinem Schiff überfallen und getötet. Natürlich haben die beiden Ereignisse nur scheinbar nichts miteinander zu tun, aber das ahnt zunächst nur das Publikum: Heiner Jaspers hat früher mit seiner Firma Verpackungen hergestellt, bis er vor einigen Jahren die Seiten gewechselt und eine Organisation gegründet hat, die Abfall aus dem Meer fischt. Den einheimischen Fischern gefällt das gar nicht, angeblich zerstören die Müllsammelboote ihre Netze; ein junger Mann ist besonders erbost. Ins Visier der Ermittlungen gerät auch ein ehemaliger Mitarbeiter Jaspers’, der dem Umweltschützer sogar öffentlich den Tod gewünscht hat.
Nun stehen die "Ocean Waste Fighters" allerdings vor dem Aus: Der Hauptsponsor hat seine Unterstützung aufgekündigt. Die Geschichte ist auch wegen der Details des schlau eingefädelten Drogenschmuggels durchaus interessant, aber nicht sonderlich aufregend; in den potenziell packenden Szenen sorgt vor allem die Musik (Florian Tessloff) für Nervenkitzel. Immerhin gibt es einige zwischenmenschlichen Spannungen: Erst gerät Nora mit der Kollegin Sarah (Alexandra Gottschlich) aneinander, weil die Lebensgefährtin des gemeinsamen Chefs bei einer Vernehmung chancenlos gegen den jovialen Probek ist, dann macht sie den Kripo-Kollegen Ben Salawi (Camill Jammal) zur Schnecke, weil der ihr verschwiegen hat, dass er mal mit Jaspers’ Tochter zusammen war.
Tatsächlich wird Leonie Jaspers (Hannah Ehrlichmann) noch eine entscheidende Rolle in dem Fall spielen, ebenso wie ein Fischer, der vor einigen Jahren auf dem Meer geblieben ist. All’ das ist aber nur emotionaler Kleinkram im Vergleich zu der Tragödie, die sich schließlich ereignet; es nimmt selten ein gutes Ende, wenn kleine Fische mit den großen schwimmen wollen. Gespielt ist das alles recht ansprechend, zumal Anna Maria Mühe, als Nora Weiss stets ähnlich kühl wie das Klima des Films, diesmal auch eine ganz andere Seite ihrer Rolle ausleben darf. Etwas unmotiviert wirken allerdings mehrere Momente, in denen einige der wichtigsten Beteiligten unvermittelt starr in die Kamera blicken. Unterm Strich ist "Gefährliche Gewässer" daher abgesehen von der besonderen Optik über weite Strecken nicht mehr als ein jedoch im besten Sinn solider Reihenkrimi.