Angesichts der geplanten Debatte über Veränderungen in der Landesverfassung wirbt ein breites interreligiöses Bündnis für die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Präambel. "Eine gemeinsame Werteformel in der Verfassung kann religiöse und auch nichtreligiöse Menschen zusammenbringen. Denn: Ein Gottesbezug ist kein Glaubensbekenntnis, sondern im Sinne einer Demutsformel Ausdruck dafür, dass der Mensch fehlbar und nicht das Maß aller Dinge ist", so die Initiatoren.
"Wir wünschen uns vom Parlament, die Debatte über den Gottesbezug wieder aufzunehmen und über einen Gottesbezug abzustimmen. Eine Formulierung, die niemanden ausgrenzt und so gestaltet ist, dass Menschen in aller Unterschiedlichkeit in sie einstimmen können, ist für eine pluralistische Gesellschaft, die auf den Grundwerten unseres Grundgesetzes basiert, angemessen."
Zu den Initiatoren gehören die evangelische Nordkirche, das Erzbistum, die Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein, Jüdische Gemeinden von Schleswig-Holstein, der Verein Schura - Islamische Religionsgemeinschaft, Ditib Nord und der Landesverband der islamischen Kulturzentren Norddeutschland zu den Unterstützenden.
Gottesbezug kann Orientierung geben
Für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) erklärt Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt in einer Pressemitteilung, die der Redaktion vorliegt: "Ein Gottesbezug in der Verfassung erinnert daran, dass menschliches Leben und politisches Handeln nicht allein im eigenen Vermögen gründen. Er erinnert daran, dass der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat als freiheitlicher, säkularisierter Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann.
In einer Zeit, in der gesellschaftliche Debatten sich zunehmend polarisierten und Vertrauen in der Gesellschaft zurückgehe, könne der Gottesbezug in einer pluralen und multireligiösen Gesellschaft außerdem Orientierung geben und Menschen unterschiedlicher Überzeugungen verbinden, so Kühnbaum-Schmidt. "Er lädt dazu ein, aus der Einsicht in unsere Begrenztheit Kraft und Hoffnung zu schöpfen und erinnert zugleich daran, dass Freiheit und Würde aller Menschen unantastbar sind."
Nachdem CDU, Grüne, SSW und FDP sich für Änderungen unter anderem zugunsten von Kindern und Menschen mit Behinderung ausgesprochen haben, sei jetzt auch ein guter Zeitpunkt für die Aufnahme eines Gottesbezuges in die Präambel, teilte das katholische Erzbistum Hamburg am Freitag mit. Eine gemeinsame Werteformel in der Verfassung könne religiöse und auch nicht religiöse Menschen zusammenbringen. Erzbischof Stefan Heße stimmt das breite, interreligiöse Bündnis zuversichtlich. "In der Demokratie bleibt der Ort der höchsten Macht frei! Alle Menschen sind ihm zugeordnet und mit je gleicher Würde ausgestattet. Das ist der wichtigste Grundsatz für die Menschen in Schleswig-Holstein und weltweit."
Die Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein, Nora Steen, ist überzeugt: "Nur wenn wir diesen Weg gemeinsam gehen - Christinnen, Jüdinnen und Juden, Musliminnen oder auch diejenigen ohne religiöse Bindung - bleiben Toleranz, Dialog und Versöhnung lebendig." Der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein, Walter Blender, ist der Ansicht, dass der Gottesbezug die Werte der großen Weltreligionen, wie Gebote und Mitmenschlichkeit, hervorhebt und als Begleiter der Verfassung versteht. Bereits 2016 wurde ein Anlauf genommen, um den Gottesbezugs in die Präambel der Landesverfassung aufzunehmen. Der Antrag war am 22. Juli 2016 im Kieler Landtag an nur einer Stimme gescheitert.