Rom (epd). Papst Leo XIV. beklagt die Gleichgültigkeit mancher Christen gegenüber Armen und Ausgeschlossenen. In einigen christlichen Bewegungen oder Gruppen lasse sich ein „mangelndes oder gar fehlendes Engagement für das Gemeinwohl der Gesellschaft und insbesondere für die Verteidigung und Förderung der Schwächsten und Benachteiligten“ feststellen, erklärt der Papst in seinem ersten Apostolischen Schreiben „Dilexi Te“ („Ich habe dich geliebt“), das der Vatikan am Donnerstag veröffentlichte.
Weiter betont der Papst die „untrennbare Verbindung zwischen unserem Glauben und den Armen“. Auch Christen ließen sich oft von „weltlichen Ideologien oder politischen und wirtschaftlichen Orientierungen“ anstecken, die zu ungerechten Verallgemeinerungen und abwegigen Schlussfolgerungen führten, kritisiert er.
Die päpstliche Ermahnung (Exhortation) über die Liebe zu den Armen wurde noch von Papst Franziskus begonnen. Sein Nachfolger Leo hat sie nun fertiggestellt. „Dilexi Te“ ist die Fortsetzung von „Dilexit Nos“ („Er hat uns geliebt“), der letzten Enzyklika des zu Ostern gestorbenen argentinischen Papstes über das Herz Jesu. Unterschrieben hat Papst Leo den am Donnerstag veröffentlichten Text bereits am 4. Oktober, dem Tag, der in der katholischen Kirche dem Heiligen Franz von Assisi (1181/1182-1226) gewidmet ist. Dieser wird für seinen Einsatz für Arme und Aussätzige verehrt.
Auf den 30 Seiten von „Dilexi Te“ analysiert der gebürtige US-Amerikaner Robert Francis Prevost, der am 8. Mai zum Nachfolger von Papst Franziskus gewählt worden war, die „Gesichter der Armut“. Zu Beginn des 121 Punkte umfassenden Textes wird ein „Mentalitätswandel“ gefordert. Die Illusion, dass ein Leben in Wohlstand glücklich macht, führe viele Menschen zu einer Lebenseinstellung, die auf Reichtum und sozialen Erfolg um jeden Preis ausgerichtet sei, „auch wenn dies auf Kosten anderer geschieht“, schreibt Papst Leo.
Viel Raum widmet Leo dem Thema Migration. Er verweist auf das symbolträchtige Foto des toten dreijährigen syrischen Jungen Alan Kurdi, dessen Leichnam 2015 am Strand von Bodrum in der Türkei angeschwemmt wurde. „Leider werden solche Ereignisse, abgesehen von einer momentanen Emotion, immer irrelevanter und zu Randnachrichten“, schreibt der Papst. Die Kirche begleite wie eine Mutter jene, die unterwegs sind. „Wo die Welt Bedrohungen sieht, sieht sie Kinder; wo Mauern gebaut werden, baut sie Brücken“, heißt es in „Dilexi Te“. Die Kirche wisse, dass „in jedem zurückgewiesenen Migranten Christus selbst an die Türen der Gemeinschaft klopft.“