Sie heißen "Glaube", "Liebe", "Hoffnung" und gehören in Mecklenburg-Vorpommern zu den letzten Schiffsmodellen in Kirchen, die vor rund 75 Jahren noch von Seemannshand gefertigt wurden: Im Alter von 86 Jahren begann der ehemalige Seemann Heinrich Voß in Ahrenshoop auf der Ostsee-Halbinsel Fischland/Darß die Arbeit am ersten seiner Schiffsmodelle, der Brigg "Glaube".
"Da waren die Handwerker noch mit dem Bau der Kirche beschäftigt", erzählt der Volkskundler Wolfgang Steusloff aus Warnemünde. Der Experte beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Kulturgeschichte von Schiffsmodellen.
Solche Modelle, die in Kirchen von der Decke hängen, findet man in fast allen europäischen Ländern, in denen die Seefahrt eine große Rolle spielt. Besonders häufig gibt es sie in Skandinavien, allein in Dänemark sind es über 1.000.
In Schleswig-Holstein waren es einmal rund 65. Gut 35 finden sich noch heute an ihren angestammten Plätzen, einige weitere in Museen, haben Forschungen des im vergangenen Jahr verstorbenen Ethnologen Nils Hansen ergeben. Eines der ältesten Schiffe hängt seit 1617 in Landkirchen auf Fehmarn.
Zu den ältesten an der deutschen Ostseeküste gehören außerdem Schiffe in Kirchen in Adelby bei Flensburg (1688), in Schlutup bei Lübeck (1712), in Großsolt bei Flensburg (1719) in Luckow am Stettiner Haff (um 1730), in Garz auf Usedom (1770) und Prerow auf dem Darß (1780). Jahrhundertelang sei es in europäischen Hafenstädten und Seefahrerdörfern Brauch gewesen, eine Kirche "als erstrangige öffentliche Einrichtung mit Geschenken zu schmücken, die für die Spender einen hohen geistig-kulturellen Wert besaßen", erklärt Wolfgang Steusloff.
Der häufig verwendete Begriff Votivschiff sei dabei jedoch "ebenso falsch wie irreführend". Er deute darauf hin, dass es sich um Gaben handeln könnte, die nach einem Versprechen oder einem Gelübde gestiftet worden seien - "möglichst gar in einer gefährlichen Situation auf See abgelegt und nach glücklicher Rettung aus Seenot als Dank". Die Bedeutung würde dann der von Votivtafeln in katholischen Kirchen ähneln. "Für einen solchen Zusammenhang gibt es jedoch im nordeuropäischen protestantischen Küstenraum kaum einen Beleg."
Soweit bekannt, wurden die Schiffe einst von Gilden oder Privatleuten gestiftet und dienten vor allem zu repräsentativen Zwecken. Das Modell sollte gleichsam etwas über Stand und Bedeutung des Stifters aussagen. Im 19. Jahrhundert ging diese Funktion nach Steusloffs Beobachtungen verloren. "Geblieben sind die Absicht, den Kirchenraum schmückend auszugestalten und die Erinnerung an die einstige Bedeutung der Seefahrt für die Küstenbevölkerung wachzuhalten."
Dabei äußerten Kirchenbesucher und sogar Pastoren nicht selten Unverständnis über Modelle schwer bewaffneter Kriegsschiffe im Kirchenraum. Leider sei zu wenig bekannt, dass bis Ende des 18. Jahrhunderts gar nichts anderes denkbar gewesen sei, sagt Steusloff: "Es wird nicht daran gedacht, dass das repräsentative große dreimastige Schiff mit seiner Bewaffnung in besonderem Maße auch Stärke und Schutz symbolisiert."
In Ahrenshoop hatte der ehemalige Seemann Heinrich Voß bereits zur Weihe der Ahrenshooper Kirche im Oktober 1951 ein zweites Schiffsmodell hergestellt, den Dreimast-Rahschoner "Liebe". Wenig später folgte das Schiff "Hoffnung". Damit sollte nach Ansicht von Voß die kleine Flotte im Kirchenraum vollständig sein. Doch einige Jahre später wurde ein weiteres von ihm gefertigtes Modell in der Kirche aufgehängt, die Galiot "Frieden". "Sie war ursprünglich nicht für diesen Zweck bestimmt, da sie dem Erbauer nicht gut genug schien", erzählt Volkskundler Steusloff. Erst ein zu Besuch in Ahrenshoop weilender Pastor aus Thüringen habe Voß umstimmen können.