"Sexarbeit ist ein normaler Job"

Eine Frau im Bademantel und sitzt, mit dem Rücken zur Kamera, an einem Whirlpool.
epd-bild/Michael Ruffert
Eva arbeitet in einem Bordell in Münster als Sexarbeiterin. Ein Verbot würde Frauen in die Illegalität treiben, meint sie.
Prostituierte aus Münster:
"Sexarbeit ist ein normaler Job"
Prostitution ist in Deutschland weitgehend legal. Das Gesetz dazu wurde kürzlich evaluiert, demnach hat es sich trotz Schwächen bewährt. Die Debatte über ein Sexkaufverbot reißt aber nicht ab. Ein "Bündnis für legale Prostitution" will kein Verbot.

Ein unscheinbares, schlichtes Schild an einem Fahrstuhl weist auf die Besuchszeiten hin. Die "Wunschfabrik" in einem Stadtteil von Münster öffnet in der Woche zwischen 12 und 22 Uhr, am Sonntag schließt sie eine Stunde früher. Im ersten Stock sitzt Eva, so nennt sie sich, vor Arbeitsbeginn in der Küche.

Die nach eigenen Angaben 34-Jährige arbeitet als Prostituierte in der "Wunschfabrik". Von einem Sexkaufverbot hält sie wenig: "Das führt nur dazu, dass noch mehr Sexarbeiterinnen in die Illegalität gedrängt werden."
Das sieht auch die Diakonie so. Sie lehnt das sogenannte Nordische Modell ab, "weil es die Lage von Prostituierten verschlechtert, das Risiko von Gewalt und Krankheiten erhöht und den Zugang zu Unterstützung und medizinischer Versorgung erschwert", sagt Vorständin Elke Ronneberger dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Erfahrungen aus Ländern mit einem Sexkaufverbot zeigten, dass Prostitution aufgrund des Verbotes von legalen Tätigkeitsorten in gefährliche und prekäre Bereiche abgedrängt werde.

In Schweden etwa ist der Kauf von sexuellen Dienstleistungen verboten, der Verkauf hingegen wird nicht bestraft. Danach machen sich Freier und Bordellbetreiber strafbar, Prostituierte jedoch nicht. Schweden hat diese Gesetzgebung 1999 eingeführt, daher die Bezeichnung "Nordisches Modell". Anders ist die Rechtslage in Deutschland: Hierzulande ist Prostitution legal.

Zwangsprostitution und Menschenhandel stehen unter Strafe. Das 2017 verabschiedete Prostituiertenschutzgesetz regelt die gesetzlichen Vorgaben: Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter müssen sich anmelden, eine Kondompflicht besteht, regelmäßige Gesundheits-Checks sind vorgeschrieben und die Betriebe müssen regelmäßig überprüft werden.

"Wir werden oft vom Ordnungs- und Gesundheitsamt kontrolliert", sagt Bea, die Frau des Betreibers der "Wunschfabrik". Sie ist genau wie Eva gegen ein Sexkaufverbot. "Damit würde sich der Staat selber bestrafen, denn wir Betriebe zahlen Millionen Euro an Steuern." Dass Prostitution oft illegal geschieht, bestreitet auch Bea nicht. Sie wisse von einigen Wohnungen in Münster, in denen unerlaubt der Sexarbeit nachgegangen werde: "Aber alle Damen, die bei uns arbeiten, sind natürlich angemeldet."

Damit Prostituierte wie Eva ihre Tätigkeit künftig weiter ausüben dürfen, hat sich ein "Bündnis für legale Prostitution" gegründet, dem Betreiber von Bordellen, Laufhäusern und Saunaclubs angehören. Es hat einen Reader erstellt, in dem Wissenschaftler, Rechtsanwälte und Historiker über Prostitution aufklären, das Motto lautet: "Ein Sexkaufverbot ist bar jeder Vernunft."

"Damit legen wir eine umfangreiche Sammlung von Know-how für eine bessere Integration von Prostitution in unsere Wirtschaft und Gesellschaft vor", sagt Stephanie Klee, Vorsitzende des Bundesverbands sexueller Dienstleistungen. Das Bündnis reagiere auch auf die zunehmenden Aktivitäten von Befürwortern eines Sexkaufverbotes nach dem Nordischen Modell - und die wirtschaftlichen Probleme der Branche.

Wie es um die derzeitige Gesetzeslage steht, hat das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen im Auftrag der Bundesregierung umfangreich evaluiert. Es wurde ein "außerordentlich breites Spektrum an Menschen" befragt, die der Prostitution nachgehen: darunter Sexarbeit in Bordellen, aber auch Straßen- und Beschaffungsprostitution.

Das aktuell gültige Prostituiertenschutzgesetz weist dabei laut dem Studienleiter Tillmann Bartsch "Stärken und Schwächen" auf. Das Anmeldeverfahren etwa werde zwar umgesetzt, aber das Ziel, dort auch Betroffene von Menschenhandel zu erkennen, sei unter anderem wegen der teils mangelnden Ausbildung der Beschäftigten "noch unzureichend".

Die Studie bietet allerdings keinen Vergleich mit Gesetzen in anderen Ländern, wo wie in den Niederlanden und Neuseeland Prostitution legal ist oder den nordischen Ländern, wo das Sexkaufverbot besteht. Laut Bartsch lässt sich aber sagen, dass "die Maßnahmen, die man ergriffen hat, sich in Teilen als sinnvoll erwiesen haben und das, was noch nicht funktioniert, häufig verbessert werden kann." Es sei auf Basis der Studie daher nicht erkennbar, warum man von dem eingeschlagenen Weg abweichen sollte.