Berlin (epd). Der Direktor des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) für Zentral- und Westafrika, Abdouraouf Gnon-Konde, hat Deutschland aufgefordert, trotz der Haushaltskürzungen sein humanitäres Engagement in der Region fortzusetzen. „Jede Investition dort ist nicht nur für die Region, sondern auch für Europa wichtig“, sagte Gnon-Konde dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Sahelzone etwa sei eine Nachbarregion Europas.
„Wenn die Sahelzone stabil ist, ist Europa stabil“, betonte der Vertreter des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen. Er forderte Deutschland auf, Allianzen mit anderen EU-Mitgliedstaaten aufzubauen, um mehr Unterstützung für Menschen auf der Flucht bereitzustellen.
Die drastischen Kürzungen vieler Geberländer, insbesondere der USA, hätten bereits schwerwiegende Folgen für die Arbeit des Hilfswerks in Zentral- und Westafrika. Gnon-Konde bezeichnete die Konsequenzen der Kürzungen als „unmittelbar und schwerwiegend“. Das UNHCR sei gezwungen gewesen, 30 Büros in der Region zu schließen. In Nigeria habe man fast die Hälfte der Mitarbeitenden entlassen müssen.
Besonders dramatisch sind die Auswirkungen laut Gnon-Konde auf die Bildungsarbeit des UN-Hilfswerks. Ihm zufolge müssen wegen der Kürzungen in der Zentralafrikanischen Republik bis Jahresende fast 3.000 Kinder ihre Schulausbildung abbrechen. In Mali betreffe das sogar rund 200.000 Kinder.
Auch im Tschad, der Hunderttausende sudanesische Flüchtlinge aufgenommen hat, musste das Flüchtlingshilfswerk drei Büros schließen. Dort fehlen laut Gnon-Konde in der Grenzregion zum Sudan Zehntausende Notunterkünfte. Auch die medizinische Versorgung sei dramatisch unterbesetzt. „Im Osttschad an der sudanesischen Grenze haben wir nur einen Arzt für 25.000 Menschen“, sagte Gnon-Konde.
Deutschland hat seinen Etat für humanitäre Hilfe für das Jahr 2025 halbiert. Zudem haben Union und SPD im Koalitionsvertrag festgehalten, Aufnahmeprogramme „soweit wie möglich“ zu beenden. Auch andere Partner, allen voran die USA, ziehen sich zurück und setzen sogenannte Resettlement-Programme aus. Gnon-Konde zufolge hat das UNHCR dadurch rund 65 Prozent aller Resettlement-Plätze in der Region verloren. Er warnte vor den Folgen: „Wenn es keine legalen Fluchtwege gibt, sind Menschen möglicherweise gezwungen, auf irregulären Routen ihr Leben aufs Spiel zu setzen.“