Berlin (epd). Die Freiwilligen der sudanesischen Nachbarschaftshilfe brauchen nach Aussagen einer Sprecherin mehr Unterstützung für ihr lebensrettendes Engagement. Im Sudan spiele sich eine der größten humanitären Katastrophen ab, aber die Aufmerksamkeit dafür bleibe weitgehend aus, kritisierte Hind Altaif von den sogenannten „Emergency Response Rooms“ (ERR) in Berlin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wieso gibt es eine Luftbrücke für Gaza, aber keine für El-Fasher?“
In der belagerten Stadt in der westsudanesischen Region Darfur harren seit Monaten rund 250.000 Zivilistinnen und Zivilisten weitgehend ohne Hilfe von außen aus und leiden unter Hunger und Krankheiten. Der Krieg im Sudan, der mit einem Machtkampf zwischen Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz 2023 begann, hat eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit ausgelöst, mit rund 24 Millionen Hungernden und etwa zwölf Millionen Menschen auf der Flucht.
Oft erhielten die „Emergency Response Rooms“ Unterstützung von Hilfsorganisationen für einzelne Projekte, sagte Altaif. Dabei gehe ein Teil des Geldes für die Verwaltung verloren, den sie dringend für die Menschen bräuchten. Die ERR entstanden aus Strukturen der Zivilgesellschaft während der sudanesischen Revolution, die 2019 zum Sturz von Langzeitherrscher Omar al-Baschir führte. Seit Kriegsbeginn leisten sie einen Großteil der humanitären Hilfe und sind in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal für den Friedensnobelpreis nominiert.
Zu Beginn des Krieges hätten die Helferinnen und Helfer vor allem für sichere Fluchtwege gesorgt, erzählte die 42-Jährige. Dazu kamen Suppenküchen, wo Bedürftige bis heute warmes Essen und sauberes Wasser erhalten. „Wir haben gezeigt, dass sich die Menschen auf uns verlassen können und wir dort helfen, wo niemand anderes aktiv ist.“ Seitdem das Internet etwas stabiler sei, könnten sie wieder Familien zusammenführen und einfacher mitbekommen, wo dringend Hilfe benötigt werde. Zudem hätten sie angefangen, Krankenhäuser wieder in Betrieb zu nehmen. „Wir waren daran gewöhnt, dass der Staat in Krisensituationen keine Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger übernimmt.“
Für all dies wünschen sich die Ehrenamtlichen mehr Rückendeckung von der internationalen Gemeinschaft. Direkte finanzielle Unterstützung, zum Beispiel von der deutschen Regierung, würde nicht nur bei der täglichen Arbeit helfen, sondern auch einen gewissen Schutz bieten, sagt Altaif. Denn die dezentral und mit flachen Hierarchien selbstverwaltete Nothilfe ist sowohl Armee als auch RSF-Miliz ein Dorn im Auge. Die Helferinnen und Helfer werden Altaif zufolge immer wieder gezielt angegriffen, viele seien vorübergehend festgenommen worden. Die Kriegsparteien wünschten keine starke Zivilgesellschaft. „Es ist ein Krieg gegen die Revolution.“