Gemeinden verärgert über AfD-Werbung mit Kirchenmotiven

Abteigarten Münster
CaS2000/, CC/Wikimedia Commons
Die AfD nutzt in Mönchengladbach das Münster St.Vitus als Motiv auf ihrem Kommunalwahlkampfprogramm. Kein Einzelfall.
Kommunalwahlen 2025
Gemeinden verärgert über AfD-Werbung mit Kirchenmotiven
Der AfD-Bürgermeisterkandidat in Blomberg steht vor einer Kirche und bezeichnete in einem Interview mit der Lippischen Landeszeitung Jesus als sein Fundament. Er ist einer von drei Kandidaten, die sich auf Social Media oder vor der Presse, bewusst vor eine Kirche stellen. Der betroffenen Gemeinde in Cappel und der Lippischen Landeskirche gefällt das nicht, christlich sei vieles bei der AfD nicht. Auch in Mönchengladbach gibt es Ärger.

Die AfD sucht in ihrem Wahlkampf offenbar gerne die Nähe zur Kirche, zumindest als Motiv, und das sorgt bei Gemeinden, deren Kirchen dazu benutzt werden, für Protest. Ein bundesweit für Aufsehen sorgender Fall, war zuletzt die Darstellung der Christuskirche und des Mainzer Doms auf Plakaten und Flyern, bei der Bundestagswahl 2024. Hier wehrte sich die Evangelische Christusgemeinde in Mainz gegen die damalige AfD-Wahlwerbung. Die AfD hatte unter dem Slogan "Mainz bleibt Mainz" Wahlplakate aufgestellt und Flyer verteilt - mit einer Abbildung der Mainzer Christuskirche und auch des Mainzer Doms. Die Gemeinden riefen zu einer Protestaktion auf, evangelisch.de berichtete darüber.

Jetzt gibt es neue Verärgerung um die Nutzung von Kirchenmotiven, diesmal betroffen sind die evangelische Gemeinde in Cappel und die evangelische und katholische Kirche in Lippe. Alle drei kritisieren die Verwendung von Kirchenmotiven durch AfD-Kandidaten im Kommunalwahlkampf. "Die Lippische Landeskirche und der katholische Pastoralverbund Lippe-Detmold verwahren sich nachdrücklich gegen die Instrumentalisierung von lippischen Kirchengebäuden durch die Alternative für Deutschland (AfD)", erklärte die Lippische Landeskirche am Montag in einer Pressemitteilung auf ihrer Website. In mindestens drei Fällen hätten sich kürzlich Bürgermeisterkandidaten der AfD in Presseauftritten oder Social-Media-Videos bewusst vor Kirchen der Lippischen Landeskirche gestellt. Dabei hätten sie für ihre Politik geworben, die angeblich christliche Werte verkörperte.

Ein Fall sorgt dabei für besondere Aufmerksamkeit. Jakob Baidin, AfD-Bürgermeisterkandidat in Blomberg, stellte sich zum Interview vor die Kirche in Cappel und bezeichnete sich als religiösen Menschen. Weiter sagte er dort, so schreibt es die Lippische Landeszeitung, er sei überzeugter Christ und ginge, so oft es ihm möglich sei, auch in den Gottesdienst seiner Gemeinde. Die ist aber nicht in Cappel beheimatet. Baidin gehört einer Freikirche in Horn-Bad Meinberg an.

Die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Cappel-Istrup sieht ihr "Gotteshaus" als Kulisse für den Wahlkampf als missbraucht an. Bereits Mitte August trafen sich deshalb einige Gemeindeglieder vor der Kirche in Cappel, um sich als Reaktion auf das Interview Luft zu machen, heißt es in einem Bericht über die Aktion auf der Website der Gemeinde. Baidin ließe sich vor der Kirche fotografieren und mache damit Wahlpropaganda: "Damit hat er unsere Kirche für seine politischen Zwecke instrumentalisiert". Wahlpropaganda wolle die Gemeinde aber für keine Partei machen. Und in der Gemeinde sei vor allem die Nächstenliebe als Grundpfeiler des Glaubens verankert. Dies sei auch ein gesellschaftlicher Auftrag, der die Gemeinde dazu bewege, sich für das Wohl aller Menschen einzusetzen. Die Erklärung ist von Pfarrerin Iris Beverung unterzeichnet.

"Wir sprechen niemandem den persönlichen christlichen Glauben ab", erklärten der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Dietmar Arends, und der Leiter des katholischen Pastoralverbunds Lippe-Detmold, Markus Jacobs, auch in Bezug zu den anderen Fällen. Aber wenn der christliche Glaube für Spaltung und Kulturkampf missbraucht werde, "dann müssen wir klar widersprechen!".

Die biblische Botschaft erzähle gerade von Gottes gnädiger Zuwendung zu allen Menschen, und zwar unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder anderen gesellschaftlichen Einteilungen, heißt es in der Erklärung von Arends.

Jesus steht für Menschenfreundlichkeit

Jesus Christus stehe für Menschenfreundlichkeit, Versöhnung und für die Solidarität mit den schwächeren und ausgegrenzten Menschen in einer Gesellschaft. "Wer sich auf christliche Werte besinnen möchte, wird auf die Aufforderung Jesu stoßen, sich besonders den Schwachen zuzuwenden", hob Jacobs hervor.

Die Lippische Landeskirche hat dazu auch auf Social Media eine Kampagne über ihren Instagram-Kanal angestoßen. Hierbei geht es um einen Aufruf, "demokratisch" wählen zu gehen. Unter anderem wendet sich dort Johanna Kunz, Pfarrerin der Gemeinde in Augustdorf, an alle möglichen Protestwähler: "Bevor Sie die AfD wählen, lesen Sie bitte einmal das Kurzprogramm der AfD in Lippe und wenn Sie das wirklich für Lippe und ihre Gemeinde wollen, dann müssen Sie es tun."

Völkische Gesinnung und Christ sein?

Die Landeskirche verwies in ihrer Erklärung auch auf einen Beschluss der Landessynode vom November 2024, nach dem "menschenfeindliche Haltungen und Äußerungen und insbesondere auch völkisch-nationale Gesinnungen" mit dem christlichen Glauben "in keiner Weise vereinbar" seien. Die Landessynode ist das höchste Leitungsgremium der Lippischen Landeskirche.

Ein weiterer Eklat spielt sich aktuell in Mönchengladbach ab: Hier kritisiert die katholische Pfarrei Sankt Vitus die lokale AfD in einer Erklärung scharf, weil die Partei ein Bild der Münster-Basilika für ihr Kommunalwahlprogramm 2025 nutzt und das ohne Zustimmung der Kirche. Auch ihr bleibt bisher nur die öffentliche Distanzierung von der Wahl des Motivs durch die Partei, denn rechtlich ist es erlaubt, Abbildungen von öffentlichen Gebäuden zu nutzen.

Bei den Kommunalwahlen am 14. September werden in Nordrhein-Westfalen Stadt- und Gemeinderäte, Kreistage und Bezirksvertretungen, wie auch (Ober-)Bürgermeisterinnen und Landräte für die kommenden fünf Jahre bestimmt.