Hilfsorganisationen beklagen Kürzung der Entwicklungshilfe

Hilfsorganisationen beklagen Kürzung der Entwicklungshilfe
Experten weisen auf steigende Unterernährung von Kindern hin
Die Zahl der Kriege nimmt weltweit zu. Zugleich kürzen reiche Länder die Gelder für humanitäre Hilfe und Entwicklungsarbeit. Auch Deutschland gibt weniger. Welthungerhilfe, Terre des Hommes und Care warnen vor den dramatischen Folgen.

Berlin, Osnabrück (epd). Die Welthungerhilfe und die Kinderrechtsorganisation Terre des Hommes haben die Kürzung der Mittel wohlhabender Länder für humanitäre Hilfe und die Bekämpfung von Armut und Hunger scharf kritisiert. Vor allem angesichts zunehmender Kriege sei dieser Trend „schockierend und fatal“, sagte Joshua Hofert, Vorstandssprecher von Terre des Hommes, am Dienstag. Wie niedrig der Stellenwert der Entwicklungspolitik sei, zeige sich auch darin, dass sie beim derzeitigen G7-Gipfel gar nicht auf der Tagesordnung stehe, sagte Matthias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe. Beide stellten in Berlin den Bericht „Kompass 2025 - Zur Wirklichkeit der deutschen Entwicklungspolitik“ vor.

Auch Deutschland habe 2024 erstmals seit fünf Jahren das international vereinbarte Ziel verfehlt, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungsleistungen bereitzustellen, sagte Hofert. 2024 habe Deutschland nur noch knapp 30 Milliarden Euro dafür ausgegeben, gegenüber gut 36 Milliarden Euro im Jahr 2023. Im kommenden Bundeshaushalt sollten nach bisherigen Informationen noch weniger Mittel zur Verfügung stehen.

Zugleich steige die Unterernährung von Kindern schon jetzt deutlich, betonten beide Organisationen. Kinderehen und die Rekrutierung von Kindern durch kriminelle Organisationen nähmen ebenfalls zu, sagte Hofert. Fast 500 Millionen Kinder erlebten täglich die Folgen von Kriegen und bewaffneten Konflikten. Das seien doppelt so viele wie noch vor 30 Jahren. Die Vereinten Nationen registrierten so viele gegen Kinder gerichtete Menschenrechtsverletzungen wie noch nie. Sie würden getötet, vergewaltigt, entführt, als Kindersoldaten rekrutiert und von humanitärer Hilfe ferngehalten. Das sei derzeit vor allem auch im Gaza-Streifen der Fall.

Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe, beklagte, im Koalitionsvertrag fehle ein deutliches Bekenntnis zur Unterstützung der ärmsten Länder wie Afghanistan, Burundi oder Liberia. Deutschland sollte die neuen Initiativen der Afrikanischen Union zur Unterstützung und Umgestaltung des Ernährungssystems aktiv unterstützen und finanzielle Mittel dafür bereitstellen, forderte er.

Die Bundesregierung müsse sich klar zur Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts bekennen und sich auch dafür einsetzen. Sie müsse zudem mehr Geld in die Konfliktprävention und Friedensförderung investieren. „Das geht am besten durch Entwicklungszusammenarbeit“, sagte Hofert.

Das Hilfswerk Care Deutschland warnte derweil vor einer alarmierenden Unterfinanzierung der internationalen Flüchtlingshilfe. Laut dem Refugee Funding Tracker des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) stünden derzeit lediglich zehn Prozent der benötigten Mittel zur Unterstützung von Geflüchteten und Vertriebenen weltweit zur Verfügung. Zugleich kürzten immer mehr Staaten, darunter wichtige Geber wie die USA und europäische Länder, ihre Budgets für humanitäre Hilfe deutlich.

„Ohne ausreichende finanzielle Mittel bleiben Menschen, die vor Krieg, Gewalt oder Katastrophen aufgrund von Naturereignissen fliehen, in größter Not zurück - ohne Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser oder medizinischer Versorgung“, warnte Care-Generalsekretär Karl-Otto Zentel. Die Situation sei besonders in langfristigen und akut eskalierenden Flüchtlingskrisen dramatisch: Für die Unterstützung von Geflüchteten aus dem Sudan in dessen Nachbarländern stünden derzeit nur 15 Prozent der benötigten Gelder zur Verfügung. Für Geflüchtete aus der Demokratischen Republik Kongo seien es sogar nur zehn Prozent.