UN-Bericht: Individuelle Familienplanung wird weltweit eingeschränkt

UN-Bericht: Individuelle Familienplanung wird weltweit eingeschränkt
Sinkende oder steigende Geburtenraten beschäftigten weltweit immer mehr Regierungen, heißt es im Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen. Dabei hätten politische Maßnahmen zur Beeinflussung der Fertilitätsrate oft gegenteilige Effekte.

Berlin (epd). Die Familienplanung ist weltweit unter Druck. In dem am Dienstag in Berlin vorgestellten UN-Weltbevölkerungsbericht heißt es, dass Regierungen weltweit häufig mit Maßnahmen zur Steigerung oder Senkung von Geburtenraten die individuelle Familienplanung einschränken. Dabei seien politische Eingriffe in die Geburtenraten aus Sorge um zu viele oder zu wenige Menschen oft ineffektiv, gefährlich und menschenrechtswidrig.

Der Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, Niels Annen (SPD), betonte, „weltweit findet ein Angriff auf die körperliche Selbstbestimmung von Frauen statt“. Sexuelle und reproduktive Rechte, die sich Frauen in den vergangenen Jahrzehnten erkämpft hätten, stünden vielerorts unter Druck. Der Bericht der Vereinten Nationen zeige, dass Aufklärung, Jobmöglichkeiten und Zugang zu Gesundheitsvorsorge die besten Mittel seien, um Frauen zu unterstützen.

In dem Bericht „Fertilität im Fadenkreuz“ heißt es, ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen führe zu mehr unsicheren Abbrüchen sowie höherer Müttersterblichkeit und sei Hauptursache für Unfruchtbarkeit. „Baby Boni“ als finanzieller Anreiz seien unwirksam. Negativ wird auch ein Verbot „umfassender Sexualaufklärung“ an Schulen gewertet.

Der Bericht plädiert stattdessen für Freiwilligkeit und Gleichberechtigung. Dies erhöhe die Bereitschaft zur Familiengründung. Noch immer fehle es vielen Frauen und Mädchen an der Möglichkeit, selbstbestimmt über ihren Körper und ihre Gesundheit zu entscheiden. Zu den Maßnahmen, die demografische Veränderungen vorbereiten, gehörten etwa bezahlbarer Wohnraum und gute Arbeitsplätze sowie eine familienfreundliche Politik wie Elternzeit und die Anerkennung vielfältiger Familienformen.

Der Direktor für auswärtige Beziehungen beim Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), Ian McFarlane, sagte, die wahre Krise bestehe darin, dass Menschen sich nicht in der Lage fühlten, die Familie zu gründen, die sie sich wünschten. Der Bericht basiert auf einer Umfrage von mehr als 14.000 Personen in 14 Ländern in Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika sowie den USA, die mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung repräsentierten.

Demnach haben weltweit 44 Prozent aller Frauen und Mädchen keine Entscheidungsgewalt über ihre sexuellen Beziehungen und Verhütung. Fast jedes fünfte Mädchen weltweit werde vor dem 18. Lebensjahr verheiratet. 40 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter lebten in Ländern mit restriktiven Gesetzen zu Schwangerschaftsabbrüchen. Hürden auf dem Weg zur Familiengründung wie zur Vermeidung einer Schwangerschaft seien etwa Armut und mangelnde Aufklärung. Laut Umfrage wünschen sich über alle Länder hinweg die Menschen im Schnitt ungefähr zwei Kinder.

Angela Bähr, Vorständin bei der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, betonte, für ein selbstbestimmtes Leben sei echte Wahlfreiheit nötig. In dem Bericht heißt es, die weltweit erstarkenden populistischen Kräfte und nationalistischen Regierungen verschärften die Krise. Anti-Feministische-Bewegungen arbeiteten darauf hin, dass Frauen vor allem als Gebärende und Mütter für die Gesellschaft gefördert werden.