Völkerrechtler Sands erhält Friedenspreis

Autor, Jurist und Völkerrechtler Philippe Sands
Daniel Karmann/dpa-Pool/dpa
Der britisch-französische Jurist und Schriftsteller Philippe Sands ist mit dem renommierten Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück ausgezeichnet worden.
Erich-Maria-Remarque-Preis
Völkerrechtler Sands erhält Friedenspreis
Das Völkerrecht und der Nahostkonflikt standen im Mittelpunkt der Verleihung des Remarque-Friedenspreises in Osnabrück. Ausgezeichnet wurden der Mitbegründer des Internationalen Strafgerichtshofs und ein israelisch-palästinensisches Gesprächsformat.

Der britisch-französische Jurist und Schriftsteller Philippe Sands ist am Donnerstag mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück ausgezeichnet worden. Die Jury ehrte den 64-jährigen Anwalt, Professor für Internationales Recht und Direktor des "Centre for International Courts and Tribunals" am University College London für seinen Einsatz für das Völkerrecht. Die zum 17. Mal vergebene Auszeichnung in Erinnerung an den Autor des Antikriegsromans "Im Westen nichts Neues" ist mit 25.000 Euro dotiert.

Sands, der 1998 an der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs beteiligt war und die Anklage gegen den chilenischen Diktator Augusto Pinochet formuliert hat, wurde vor allem für sein Buch "Rückkehr nach Lemberg" ausgezeichnet. Darin erzählt der in London geborene Sohn jüdischer Eltern die Geschichte seines Großvaters Leon Buchholz, dem nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 die Flucht aus dem heute ukrainischen Lemberg (Lwiw) gelang. Sands verwebt sie mit der Geschichte der Begriffe "Genozid" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".

Sands schildere in dem Buch, wie zwei ostjüdische, in Lemberg ausgebildete Juristen aus Polen und Galizien zentrale Pfeiler des modernen Völkerstrafrechts errichtet haben, sagte der Laudator Reinhard Zimmerman und ergänzte: "Und es macht damit auch deutlich, dass Kriegsverbrecher wie Hans Frank, Radovan Karadzic und vielleicht doch eines Tages auch einmal Wladimir Putin, zur Rechenschaft gezogen werden können." Zimmerman war bis 2022 Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg.

Sands sagte am Rande der Preisverleihung vor Journalisten, er fühle sich geehrt und berührt. Das Völkerrecht sei derzeit einer großen Bedrohung von vielen Seiten ausgesetzt. Mit seinen Büchern wolle er den Lesern begreifbar machen, dass jeder Mensch und jede Gruppe Rechte habe und dass es Institutionen brauche, um diese Rechte zu schützen. 

Keine blinde Loyalität gegenüber Israel

Den mit 5.000 Euro dotierten Sonderpreis erhielten die Deutsch-Palästinenserin Jouanna Hassoun und der Berliner Schauspieler Shai Hoffmann, der israelische Wurzeln hat, für ihr Schulprojekt "Trialoge". Ausgehend vom Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 bringen sie Schüler über den Nahostkonflikt miteinander ins Gespräch.

Sie ermunterten die Jugendlichen, zuzuhören, ohne zu urteilen, betonten die Preisträger in ihrer Dankesrede. Sie mahnten Deutschland, nicht nur seiner Verantwortung gegenüber Israel nachzukommen. Diese Verantwortung dürfe nicht zu blinder Loyalität führen, sagte Hoffmann: "Wir haben verstanden, dass Schweigen zu Unrecht nicht neutral, sondern Komplizenschaft ist." Hassoun warf der früheren Bundesregierung vor, dass sie das Leid der palästinensischen Bevölkerung ignoriert und Israel Waffen geliefert habe.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor sagte, in Zeiten der Polarisierung seien Verständigungsprojekte umso wichtiger. Sie leisteten "Widerstand gegen die Verrohung der Sprache, gegen die Entmenschlichung des anderen, gegen die Versuchung der einfachen Wahrheiten", sagte die Muslimin und Tochter syrischer Einwanderer in ihrer Laudatio.