Bayern und Baden-Württemberg haben die meisten Bürgerentscheide

Bayern und Baden-Württemberg haben die meisten Bürgerentscheide
In deutschen Kommunen gab es vergangenes Jahr 179 Bürgerentscheide über lokale Projekte. Führend sind Bayern und Baden-Württemberg. Seit 2015 häufen sich auch Bürgerentscheide zu Flüchtlings-Unterkünften.

Berlin (epd). In Deutschland finden statistisch gesehen an jedem Wochenende drei Bürgerentscheide statt. Das bedeute, in drei Städten, Gemeinden und Kreisen stimmten die Bürgerinnen und Bürger über ein konkretes lokalpolitisches Thema ab, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Bürgerbegehrensbericht 2025 des Fachverbandes Mehr Demokratie. Häufig gehe es dabei um Wirtschaftsprojekte wie Hotels, Einkaufszentren oder Windparks, um öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Sportstätten, Bäder oder um Verkehrsprojekte wie Umgehungsstraßen, Radverkehrsinfrastruktur und Fußgängerzonen.

Im vergangenen Jahr sind laut dem Bericht 229 direktdemokratische Verfahren in deutschen Kommunen 2024 angestoßen worden. 179 Mal sei es zu einem Bürgerentscheid gekommen. Damit sei die Praxis seit der Corona-Pandemie leicht rückläufig.

Die lebendigste Praxis verzeichne nach wie vor Bayern mit 93 Verfahren, gefolgt von Baden-Württemberg (31) und Nordrhein-Westfalen (30). Vieles hänge von den Regeln und Hürden ab, die die Politik der direkten Demokratie setze, sagte der Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie, Ralf-Uwe Beck. Je besser die Regeln seien, umso häufiger machten die Menschen von der direkten Demokratie Gebrauch.

Beck sagte, die direkte Demokratie habe sich auf kommunaler und auch auf Landesebene bewährt. Es sei überfällig, auch den bundesweiten Volksentscheid einzuführen. Das wäre eine vertrauensbildende Maßnahme, die den Bürgerinnen und Bürgern das gute Gefühl gebe, „dass 'die da oben' eben nicht einfach machen können, was sie wollen“, so der Bundesvorstandssprecher.

Laut Fachverband hat es in den vergangenen knapp 70 Jahren in Deutschland 9.453 Bürgerbegehren gegeben. 7.839 der direktdemokratische Verfahren wurden durch die Bürgerinnen und Bürger „von unten“ eingeleitet. 1.614 Ratsreferenden seien „von oben“ durch den jeweiligen Gemeinderat initiiert worden. In 4.768 Fällen sei es letztlich zu einem Bürgerentscheid gekommen.

Die Gefahr, dass direktdemokratische Verfahren von Rechtsextremisten massiv missbraucht werden, sieht der Verband eher nicht. „Fremdenfeindlichkeit und direkte Demokratie - die Vermählung gelingt nur selten“, sagte Beck.

So zählte der Verein zwischen 2015 und 2024 bundesweit 27 Bürgerentscheide zu Flüchtlingsunterkünften. Insgesamt 16 hätten mit einem flüchtlingsfreundlichen Ergebnis geendet. In zehn Fällen entschieden sich die Bürger gegen Flüchtlingsunterkünfte, in einem Fall gab es ein neutrales Ergebnis.

So hätten beispielsweise die Menschen im nordrhein-westfälischen Sprockhövel im Jahr 2015 darüber abstimmen können, ob sie gegen eine Flüchtlingsunterkunft neben einer Grundschule sind. Eine Mehrheit sprach sich für die Unterkunft am geplanten Ort aus.

Im Bundesdurchschnitt hätten knapp 60 Prozent dieser Bürgerentscheide ein flüchtlingsfreundliches Ergebnis gebracht. In den westlichen Bundesländern waren es demnach knapp 70 Prozent, in den Jahren 2023/24 sogar 83,3 Prozent. In Ostdeutschland gab es in dem Zeitraum nur in Mecklenburg-Vorpommern vier entsprechende Bürgerentscheide im Jahr 2023, die allerdings durchweg flüchtlingsunfreundlich ausgingen.