Frankfurt a.M. (epd). Über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren wird weiter kontrovers diskutiert. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sprach sich in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ für ein Verbotsverfahren aus. „Ich sehe klar ein aggressiv-kämpferisches Vorgehen der AfD“, sagte er. Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hält ein AfD-Verbotsverfahren für dringend geboten. Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hält ein solches Verfahren derzeit für nicht aussichtsreich.
Eine Partei sei nicht deshalb demokratisch, weil sie gewählt worden sei und in Parlamenten sitze. „Und viele Wählerstimmen bedeuten genauso wenig, dass eine Partei demokratisch ist“, sagte Maier. Er sehe zwar das Risiko, dass ein Verbotsverfahren gegen die AfD scheitern könnte. Aber nichts zu machen, sei das größere Risiko, sagte er. „Ich beobachte, wie sich diese Partei seit Jahren radikalisiert. Aus meiner Sicht ist jetzt die Schwelle erreicht, dass wir dem entgegentreten müssen“, argumentierte der Innenminister.
Dass die Partei Menschen, die sie nicht zum deutschen Volk zählt, „faktisch deportieren will“, sei als Androhung von Gewalt zu werten, so Maier. Im Parteivorstand der SPD gebe es heute noch keine Mehrheit für ein Verbotsverfahren, gewichtige Stimmen bewerteten dieses skeptisch. „Aber ich merke, dass in meiner Partei ein Umdenken stattfindet in Richtung eines Verbotsverfahrens“, sagte der Sozialdemokrat.
Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Günther (CDU) hält ein AfD-Verbotsverfahren für dringend geboten. „Es ist meine feste Überzeugung, dass ein Staat sich selbst schützen muss“, sagte der CDU-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Man dürfe nicht zugucken, „wie eine Partei sich immer weiter radikalisiert, offen rechtsextremistisch ist, sich gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung wendet, weil wir Angst haben, vor einem Gericht zu scheitern.“
Bundeskanzler Merz steht einem möglichen AfD-Verbotsverfahren skeptisch gegenüber. Das rieche „zu sehr nach politischer Konkurrentenbeseitigung“, hatte er in einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“ erklärt. Dass eine Partei „aggressiv-kämpferisch“ gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeite, müsse nachgewiesen werden.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sagte der Zeitung „Bild am Sonntag“ nach der Auswertung des Verfassungsschutz-Gutachtens zur Einstufung der AfD: Es stelle „sich die Frage, ob die vom Bundesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Belege auch den Nachweis erbringen können, dass die strengen Voraussetzungen eines Parteiverbots erfüllt sind oder zumindest erfüllt sein können. Auf der Grundlage der bislang öffentlich bekannten Informationen würde ich das derzeit verneinen.“
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD Anfang Mai als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Dagegen geht die AfD juristisch vor. Die Einstufung ist daher ausgesetzt, bis das Verwaltungsgericht Köln über einen entsprechenden Eilantrag entschieden hat. Ein Parteiverbotsverfahren kann nur von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung initiiert werden. Die Entscheidung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, liegt beim Bundesverfassungsgericht.