"Es gibt Menschen mit rechter Gesinnung, die glauben, Kirche sei ein guter Ort, um Verbündete zu finden. Wir müssen uns Rassismus und rechten Gedanken vehement entgegenstellen", sagte Konrädi dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Pastorin ist seit zwei Jahren Referentin für ökumenische Bildungsarbeit mit dem Schwerpunkt Rassismuskritik in der Nordkirche. Am Sonnabend spricht sie mit anderen Expertinnen und Experten beim 12. Forum "Kirche und Rechtsextremismus im Norden" in Lübeck.
Rassismus sei ein Querschnittsthema, das in allen gesellschaftlichen Schichten und Ausprägungen vorkomme. "Schließlich wird Rassismus den Menschen seit vielen Generationen anerzogen", sagte Konrädi. Dazu gehöre, dass ausländische Hochschulabschlüsse in Deutschland oft nicht anerkannt und Menschen mit Migrationsgeschichte auf dem Wohn- und Arbeitsmarkt benachteiligt werden.
"Die Menschen haben das Gefühl, dass das eben einfach so ist", erklärte die Pastorin. Und das sei falsch und führe zu Diskriminierung. Auch in der Kirche.
Erst kürzlich sei sie selbst bei einer Veranstaltung zum Thema Ökumene Zielscheibe von Rassismus geworden. "Ich bin eine afrodeutsche Frau. Mir wurde unterstellt, wegen etwaiger Sozialleistungen nach Deutschland gekommen zu sein. Das hat mich schockiert."
Sie rät der Nordkirche, regelmäßig an Anti-Rassismus-Workshops teilzunehmen und diese besonders für Menschen in Leitungspositionen verpflichtend einzuführen. So könne man für das Thema sensibilisieren und neue Erkenntnisse weiter vertiefen. In solchen Seminaren werde auch vermittelt, wie Kirchengemeinden Menschen mit Migrationsgeschichte gezielt ansprechen könnten. "Das Wichtigste ist, dass Menschen of Color zu Wort kommen dürfen und ihre Erfahrungen ernst genommen werden", erklärte die Pastorin.
Kirche, ein sicherer Ort auf für People of Color
Bei kirchlichen Veranstaltungen müsse immer auch deutlich werden, dass Menschen mit AfD-Positionen nicht erwünscht seien, ihnen gegebenenfalls auch Hausverbot erteilt werde. "Es ist wichtig, dass People of Color das Gefühl bekommen, dass Kirche für sie ein geschützter Raum ist, in dem sie sich sicher fühlen können."
27,9 Prozent der Menschen in Deutschland haben eine Migrationsgeschichte. Die Kirche merke mittlerweile, dass sie diese Bevölkerungsgruppe so nicht abbildet. Nur im Dienstleistungssektor, vor allem in der Diakonie, also in der Pflege und in den Kitas, nehme der Anteil an Migrantinnen und Migranten zu. "Hier füllen diese Menschen Lücken, die die weißen Menschen nicht mehr füllen können. In der Kirche selbst ist der Anteil an Menschen mit Migrationsgeschichte marginal."
Die Nordkirche sei dabei, das zu ändern, etwa mit der Schaffung von Stellen, die sich mit interkultureller Entwicklung befassen, mit einem rassismuskritischen Bildungsangebot sowie der Aufarbeitung der Kolonial- und Missionsgeschichte. "Aber wir stehen trotzdem noch ganz am Anfang", sagte Konrädi.