Berlin (epd). Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als gesichert rechtsextremistisch ein. Die Partei werde aufgrund „der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung“ eingestuft, teilte der Verfassungsschutz am Freitag mit.
Mit der neuen Bewertung wird nun die gesamte Partei als verfassungsfeindlich eingestuft. Bisher hatten die Behörden nur die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt entsprechend bewertet. Auf Bundesebene galt die AfD bislang lediglich als rechtsextremer „Verdachtsfall“.
„Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar“, teilte das Bundesamt mit. Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen. So betrachte die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als „gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes“.
Nach eigenen Angaben hat die Behörde im Rahmen ihrer gutachterlichen Prüfung neben der Programmatik und den Verlautbarungen der AfD-Bundespartei insbesondere die Äußerungen und das Verhalten der Repräsentantinnen und Repräsentanten der Partei berücksichtigt. Auch deren Verbindungen zu rechtsextremistischen Akteuren und Gruppierungen spielten in der dreijährigen Untersuchung des Verfassungsschutzes eine zentrale Rolle.
Die AfD hält die Entscheidung des Verfassungsschutzes für politisch motiviert. Parteivize Stephan Brandner sagte der „Rheinischen Post“ (Samstag): „Diese Entscheidung des weisungsgebundenen Verfassungsschutzes ist inhaltlich völliger Blödsinn, hat mit Recht und Gesetz überhaupt nichts zu tun und ist eine rein politische im Kampf der Kartellparteien gegen die AfD.“
Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) versicherte, dass es keinerlei politischen Einfluss auf das 1.100-Seiten starke Gutachten gegeben habe. Es sei der klare gesetzliche Auftrag des Verfassungsschutzes, gegen Extremismus vorzugehen und die Demokratie zu schützen. „Die AfD vertritt einen ethnischen Volksbegriff, mit dem ganze Bevölkerungsgruppen diskriminiert und Bürgerinnen und Bürger mit Migrationsgeschichte als Deutsche zweiter Klasse behandelt werden“, erklärte Faeser. Das widerspreche klar der Menschenwürdegarantie des Artikels 1 des Grundgesetzes.
Die Hochstufung der AfD sei auch „ein deutlicher Wink in Richtung derjenigen, die zuletzt für eine Normalisierung der Partei plädierten“, erklärten der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, und die Parlamentarische Geschäftsführerin, Irene Mihalic. SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci forderte unmittelbare Konsequenzen wie eine Einschränkung der Finanzierung der AfD, Ausschluss der Partei aus öffentlichen Funktionen wie Bundestagsausschüssen oder die Vorbereitung eines Verbotsverfahrens.
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnte: „Niemals dürfen Vertreter der AfD - sei es über wichtige Positionen in Ausschüssen oder Ähnlichem - in staatstragende Funktionen gelangen oder sogar Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen bekommen.“
Mit der Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ sinken die rechtlichen Hürden für eine Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wird dadurch möglich - etwa das Beobachten von Treffen, das Abhören von Telefonaten oder das Gewinnen von Informanten.