Wahl in Südafrika: Frust bei der Jugend

Wahl in Südafrika: Frust bei der Jugend
In wenigen Tagen wird in Südafrika gewählt. Der Verdruss über Korruptionsskandale, fehlende Jobs und mangelnde Chancengleichheit lässt vor allem die junge Generation ratlos zurück.
23.05.2024
epd
Von Helena Kreiensiek (epd)

Johannesburg, Durban (epd). Wenn Südafrika in wenigen Tagen ein neues Parlament wählt, werden Thabang Makoloane und Bafana Motloung sich nicht in der Schlange vor dem Wahlbüro einreihen. Die beiden 19-Jährigen, die an der Universität von Johannesburg studieren, haben sich für den Urnengang am 29. Mai nicht registrieren lassen.

„Was soll es denn bringen, wählen zu gehen?“, fragt Makoloane seinen Freund und Kommilitonen Motloung. Der nickt und antwortet: „Es wird doch nur gewählt, damit die da oben ihre Jobs behalten können.“

Mit ihrer Meinung stehen die beiden Tourismus-Studenten im ersten Semester nicht alleine da. Umfragen zufolge haben sich insbesondere junge Menschen gar nicht erst für die Wahl registriert. Die Enttäuschung der Jugend wiegt schwer, vor allem angesichts des jungen Durchschnittsalters der knapp 60 Millionen Südafrikanerinnen und Südafrikaner. Dies liegt im Schnitt bei etwa 28 Jahren.

Massive Korruptionsskandale der südafrikanischen Regierungspartei African National Congress (ANC) haben das Vertrauen in die politische Führung schwinden lassen. Hinzu kommt eine Arbeitslosigkeit von rund 40 Prozent. Es ist schwer geworden, Jobs zu finden. Vor allem solche, die einen ausreichenden Lohn garantieren.

Auch viele junge Südafrikanerinnen und Südafrikaner, die prinzipiell wählen wollen, fühlen sich von keiner der 51 Parteien, die um Sitze im Parlament kämpfen, richtig repräsentiert. Bei der Frage, ob sie sich schon für eine Partei entschieden hat, zuckt die 24-jährige Sethu Mthombeni nur ratlos mit den Schultern. Auch das Programm der mehreren zuletzt neu gegründeten Parteien überzeugt sie nicht. Trotzdem will sie auf jeden Fall wählen gehen: „Meine Stimme zählt“, sagt die Sport-Studentin. Am Tag der Abstimmung will sie sich auf ihr Bauchgefühl verlassen - und darauf, dass Gott sie leitet.

30 Jahre nach Ende der Apartheid sieht es so aus, als ob die ehemalige Befreiungsbewegung ANC zum ersten Mal die absolute Mehrheit verlieren könnte. Die Zustimmungswerte sind seit Jahren rückläufig, zum ersten Mal seit den ersten demokratischen Wahlen 1994 könnte die Bildung einer Koalition notwendig sein.

Viele Wählerinnen und Wähler flüchteten sich in die Wahlenthaltung, sagt Paul Kariuki, Leiter des „Democracy Development Program“. Die Organisation mit Sitz in der Küstenstadt Durban setzt sich für eine Stärkung der Demokratie in Südafrika ein, organisiert Veranstaltungen zur Wahlaufklärung und wird den Urnengang in den Gemeinden beobachten. In Südafrika stünden die „Brot-und-Butter-Themen“ im Vordergrund, sagt Kariuki. Andere Positionen der Parteien, etwa im Bereich der Außenpolitik, würden weniger diskutiert.

Zugang zu Wasser, Strom, eine geregelte Müllabfuhr oder die Eindämmung von Korruption: Es geht um grundlegende Dienste, die in den vergangenen Jahren immer weiter weggebröckelt sind. Dies werde der ANC nun vermutlich zu spüren bekommen, sagte Kariuki. „Was aber am Ende bei der Entscheidung an der Wahlurne eine Rolle spielt, weiß man nicht“, sagt Kariuki. Möglich sei auch, dass am Ende wieder aus reiner Gewohnheit ANC gewählt werde.

Jobs, bessere Bildung und eine stabile Stromversorgung: Das sind auch die Themen, die die drei Studierenden der Johannesburger Universität umtreiben. Obwohl Südafrika als ressourcenreiches Schwellenland eine gut entwickelte Industrie hat und als Wirtschaftszentrum auf dem afrikanischen Kontinent gilt, ist die soziale Ungleichheit auch 30 Jahre nach dem Ende des rassistischen Apartheid-Regimes noch immer in allen Lebensbereichen zu spüren.

Auch Student Thabang Makoloane ist davon betroffen. Als ehemaliger Schüler einer öffentlichen Schule berichtet er von seinen Schwierigkeiten, an der Universität mitzuhalten. Vor allem Sprache sei ein Thema, denn er sei in der Lokalsprache Sesotho unterrichtet worden. An der Universität aber seien die Kurse auf Englisch. „Der Unterschied zu den Schülerinnen und Schülern, die auf eine Privatschule gegangen sind, ist riesig“, sagt er. Er würde sich eine Partei wünschen, die für eine bessere Bildung und Chancengleichheit sorgt. Und für die Zeit nach der Universität, die Aussicht auf einen Job.