Krieg, Flucht und Klimakrise als Nährboden für die Cholera

Krieg, Flucht und Klimakrise als Nährboden für die Cholera
Eigentlich hatte es gute Fortschritte gegeben bei der Bekämpfung der Cholera. Doch seit drei Jahren steigen die Ansteckungszahlen wieder, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent. Konflikte, Verstädterung und der Klimawandel tragen dazu bei.

Nairobi, Brazzaville (epd). Sobald es stärker regnet, rauscht das Wasser in Fluten durch die behelfsmäßigen Zelte im Vertriebenen-Camp von Rusayo. Hier leben im Osten der Demokratischen Republik Kongo tausende Menschen, die vor der Gewalt geflohen sind, die von Rebellengruppen in der Region ausgeht. Diese kämpfen um Einfluss und Zugang zu den reichen Bodenschätzen, seit Jahrzehnten gibt es keine Sicherheit für die Bewohner.

Patrick Otim ist bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Afrika in Brazzaville für die Cholera-Bekämpfung zuständig. Er berichtet von einem Cholera-Ausbruch im Lager Rusayo in jüngster Zeit. Die Situation sei typisch, sagt Otim. In Rusayo leben aktuell 95.000 Menschen auf engstem Raum in Zelten, ohne Zugang zu sanitären Anlagen und ausreichend sauberem Wasser. Und es reiche, wenn nur eine Wasserquelle kontaminiert ist, um in kürzester Zeit hunderte Menschen zu infizieren.

Die „Vibrio Cholerae”-Bakterien können über Wasser und Nahrungsmittel übertragen werden. Bei einer Infektion zeigen viele keine oder nur leichte Symptome. In schweren Fällen aber verliert der Körper innerhalb weniger Stunden so viel Flüssigkeit, dass die Nieren versagen. “Cholera tötet schnell, wenn sie nicht behandelt wird”, sagt Otim. Problematisch sei auch, dass es oft viele Menschen gleichzeitig trifft und die Krankenhäuser dann nicht in der Lage sind, sie alle zu behandeln. Oft ist Durchfall besonders für Kleinkinder gefährlich, doch Cholera trifft ebenso Erwachsene.

Laut dem ugandischen Epidemiologen Otim sind Konflikte und Vertreibung einer der drei Faktoren, die die neuerliche Verbreitung der Krankheit in Afrika vorantreiben. Zwei weitere: mehr extreme Wetterereignisse, ausgelöst durch den Klimawandel, und das stetige Bevölkerungswachstum in Städten - ohne einen gleichzeitigen Ausbau der sanitären Infrastruktur.

Der Anteil der Menschen auf dem Kontinent, die Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen haben, hat in den vergangenen 20 Jahren abgenommen. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung haben nicht ausreichend Zugang zu Infrastruktur, durch die sich eine Ansteckung mit Cholera vermeiden ließe.

Jährlich sterben tausende Menschen an der Krankheit. Schätzungen der WHO sprechen von 20.000 bis 140.000 Todesfällen im Jahr, eine genaue Erhebung gibt es nicht. In Otims Zuständigkeitsbereich gab es 2024 bis zum 10. März schon mehr als 50.000 Fälle in 13 Ländern, mehr als tausend verliefen tödlich.

Dabei ist die Krankheit eigentlich einfach zu behandeln, sagt Otim. Dem Körper muss Flüssigkeit zurückgegeben werden, egal ob als Infusion oder als Zucker-Salz-Lösung zum Trinken.

Schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gibt es Impfstoffe gegen Cholera, damals rafften Cholera-Epidemien auch Tausende in Europa hin. 36 Millionen Dosen werden jedes Jahr produziert - doch der Bedarf ist viel höher, etwa doppelt so viele würden mindestens benötigt, sagt Otim. Eigentlich ist vorgesehen, dass man zwei Impfdosen bekommt, mit wenigen Wochen Abstand. Dann bietet die Impfung drei bis fünf Jahre Schutz. Aufgrund der Knappheit wird nur eine Impfdosis pro Person zugeteilt - und auch erst dann, wenn es schon einen Cholera-Ausbruch gibt. Die bietet dann nur wenige Monate Schutz, mildert aber die Symptome, sollte man sich anstecken.

"Eigentlich ist Cholera kein Gesundheitsproblem, sondern ein Entwicklungsproblem”, sagt Otim. Menschen mit geringem Einkommen sind überdurchschnittlich betroffen.