Bisher 57 Millionen an Missbrauchsopfer gezahlt

Kruzifix liegt auf Euroscheinen
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Im Tätigkeitsbericht hat die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen eine neue Widerspruchslösung und ein Schmerzensgeldurteil aus Köln berücksichtigt.
Katholische Kirche
Bisher 57 Millionen an Missbrauchsopfer gezahlt
Betroffene von Missbrauch in der katholischen Kirche erhalten durchschnittlich mehr als 20.000 Euro als Entschädigung für erlittenes Leid. Die Zahlungen erhöhten sich durch eine neue Widerspruchslösung und ein Schmerzensgeldurteil aus Köln.

Jüngste Schmerzensgeldurteile staatlicher Gerichte kommen katholischen Missbrauchsbetroffenen zugute. Das zeigt der Tätigkeitsbericht der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen, der am Freitag in Bonn vorgestellt wurde. Demnach erhielten Betroffene im Jahr 2023 bis zum 31. Juli durchschnittlich rund 22.140 Euro an Anerkennungsleistungen für erlittenes Leid durch sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Bereich der katholischen Kirche.

Ab dem 1. August nach Rechtskraft einer Entscheidung des Kölner Landgerichts erhielten sie durchschnittlich 33.618 Euro, teilt die Vorsitzende der Kommission, die pensionierte Richterin Margarete Reske, mit. Das Kölner Urteil sei bei den Entscheidungen der Kommission berücksichtigt worden, sagt sie. Bis dahin lagen laut Reske die höchsten Entscheidungen deutscher Gerichte in Fällen von sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige bei 65.000 Euro. Das Kölner Landgericht hatte im Juni 2023 einem Betroffenen sexualisierter Gewalt Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro zugesprochen, die das Erzbistum Köln zahlen musste.

Die Gesamtsumme aller Entscheidungen der Unabhängigen Kommission beläuft sich seit dem Start am 1. Januar 2021 auf rund 57 Millionen Euro. Das Bistum Münster zahlte rund 5,4 Millionen Euro und damit die höchste Entschädigungssumme an Betroffene unter den 27 Diözesen. Katholische Orden und andere Träger, darunter auch die Caritas, zahlten insgesamt knapp 9,2 Millionen Euro.

Seit 2021 erhielten Betroffene im Durchschnitt etwa 22.680 Euro infolge eines Erst- und Folgeantrags. Legten Betroffene Widerspruch ein oder präsentierten neue Informationen zu ihrem Fall, erhöhte sich die Zahlung auf durchschnittlich 25.350 Euro. Normalerweise nenne man keine Durchschnittszahlen, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Kommission, Ernst Hauck. Doch die Angaben zeigten, dass sowohl durch eine geänderte Rechtssprechung als auch durch neue Informationen zu den Taten und ihren Folgen Betroffene höhere Leistungen erhielten.

Gerade im Bereich der besonders hohen Zahlungen über 50.000 Euro kamen 2023 Entscheidungen hinzu. Insgesamt entschied die Unabhängige Kommission in 228 Fällen, eine Summe über 50.000 Euro festzusetzen. Bei Anerkennungsleistungen ab 50.000 Euro müssen die einzelnen Bistümer zustimmen. Diese Zustimmung sei bislang in allen Fällen erteilt worden, sagt Hauck. In vier Fällen sprach die Unabhängige Kommission Betroffenen eine Summe über 250.000 Euro zu. Diese Entscheidungen wurden alle im vergangenen Jahr getroffen. Ihre Gesamtsumme beläuft sich auf 1,6 Millionen Euro, so dass im Schnitt 400.000 Euro festgesetzt wurden. Wie genau sich die Zahlungen verteilen, veröffentlichte die Kommission nicht.

Eine Neuerung des Verfahrens sorgte 2023 bei der Kommission für deutlich mehr Arbeit. Denn seit dem 1. März 2023 können Betroffene einmalig Widerspruch gegen die Entscheidung der Kommission einlegen. Das geschah bis Ende Dezember in 618 Fällen, in 382 Fällen wurde laut Reske bis Ende vergangenen Jahres noch keine Entscheidung getroffen. Betroffene erhielten insgesamt durch Widersprüche fast 3 Millionen Euro zusätzlich.
Insgesamt sind laut Bericht 3.493 Vorgänge seit 2021 bei der Unabhängigen Kommission eingereicht worden, darunter 1.289 im Jahr 2023. Das war ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2022, als 626 Eingänge verzeichnet wurden. Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren 807 Vorgänge noch nicht bearbeitet.