Grünen-Arbeitsmarktexpertin: Debatte um Bürgergeld ist "Kopfkino"

Grünen-Arbeitsmarktexpertin: Debatte um Bürgergeld ist "Kopfkino"
06.12.2023
epd
epd-Gespräch: Bettina Markmeyer

Berlin (epd). Die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Beate Müller-Gemmeke, ist sicher, dass die Erhöhung des Bürgergeldes nicht rückgängig gemacht wird. „Wir werden dem nicht zustimmen“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Grünen-Bundestagsabgeordnete unterstützte damit die Position von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Heil hatte zu entsprechenden Forderungen der Unionsspitze und des Koalitionspartners FDP gesagt, dass es bei der bereits beschlossenen Erhöhung bleiben werde.

Müller-Gemmeke kritisierte, dass Politiker von Union und FDP bei der Bevölkerung mit der Forderung nach einer Verringerung des Bürgergelds ein „Kopfkino“ in Gang setzten. Behauptungen, wonach Menschen ihre Stelle kündigten, um Bürgergeld zu beziehen, seien nicht nachvollziehbar, erklärte die Grünen-Politikerin. „Es gibt keine Zahlen, die belegen, dass Leute kündigen, weil sie ins Bürgergeld gehen wollen. Das ist bei keiner Agentur für Arbeit nachvollziehbar.“

Wenn behauptet werde, dass Menschen mit Sozialleistungen mehr hätten als arbeitende Menschen, werde häufig deren Nettoeinkommen mit dem Bürgergeld verglichen. Da werde mit falschen Zahlen operiert, kritisierte Müller-Gemmeke. Ein Paar mit zwei Kindern etwa bekomme zusätzlich 500 Euro Kindergeld, sowie den Kinderzuschlag und Wohngeld, wenn nur ein geringes Einkommen erwirtschaftet werde. Dies werde in der Regel nicht erwähnt. Das sei aber wichtig, sagte die Grünen-Politikerin: „Beim Bürgergeld bekommen Menschen diese Leistungen nicht, weil sie bereits eingerechnet sind.“

Künftig werde im Rahmen der Kindergrundsicherung geprüft, ob Eltern Anspruch auf den Kinderzuschlag haben, weil heute viele Familien den Zuschlag nicht beantragen. „Das ist die richtige Antwort, statt den Sozialstaat madig zu machen“, sagte Müller-Gemmeke. Die Politik habe laut Bundesverfassungsgericht die Pflicht, das Existenzminimum für jeden Menschen zu garantieren, unabhängig davon, wie niedrig oder hoch die Löhne seien, betonte sie: „Wem hilft es denn, wenn Menschen, die wenig verdienen, sehen, dass andere noch weniger haben?“ Vielmehr müssten die Löhne steigen, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt sichern könnten. Wenn das Einkommen nicht reiche, hätten sie Anspruch auf eine Aufstockung durch das Bürgergeld.

Zum 1. Januar 2024 steigen die Regelsätze im Bürgergeld. Ein alleinstehender Erwachsener erhält dann 563 Euro im Monat, 61 Euro mehr als in diesem Jahr, plus Miete und Heizkosten. Die Erhöhung ist bei Union und FDP in der Kritik. Auslöser ist die Debatte um Einsparungen im Bundeshaushalt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.