Vor Treffen zu Flüchtlingspolitik: Bessere Kostenverteilung gefordert

Vor Treffen zu Flüchtlingspolitik: Bessere Kostenverteilung gefordert
Am Montag treffen sich Bund und Länder, um über die künftige Flüchtlingspolitik zu beraten. Streit gibt es unter anderem bei der Verteilung der Kosten. Immer wieder wird zudem eine sachliche Debatte und bedachte Sprache angemahnt.

Berlin (epd). Vor den Beratungen von Bund und Ländern über die Migrationspolitik fordern Länder und Kommunen eine bessere Verteilung der Lasten. So plädierte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) für eine Halbierung der Kosten für die Flüchtlingsunterbringung zwischen Bund und Ländern. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD) sprach sich für dauerhafte Lösungen aus und rief zu einer differenzierten Diskussion auf. Der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, rief zu einer Besinnung auf die Leistungsfähigkeit Deutschlands auf.

Ihm erscheine die Debatte derzeit wie ein „Wettbewerb nach unten“, sagte der Berliner Landesbischof dem epd. Das sei problematisch. Natürlich müsse die Politik handeln, wenn in Aufnahmestellen, Behörden und Organisationen Überlastung herrsche wie derzeit. Die Schutzsuchenden dürften allerdings auch nicht aus dem Blick geraten. „Niemand, der hierher flieht, kommt ohne große Not.“ Er halte das Grundrecht auf Asyl als Individualrecht für eine große Errungenschaft. „Wir beschädigen uns als Gesellschaft selbst, wenn wir in Notsituationen meinen, es nicht mehr gelten lassen zu müssen.“ Daher sei die Debatte über eine Obergrenze „nicht hilfreich“.

Wichtiger als die Diskussion über eine Obergrenze findet die mecklenburg-vorpommerische Ministerpräsidentin Schwesig, sich auf den Bedarf vorzubereiten und die Infrastruktur auszubauen. „Mit wie vielen Menschen rechnen wir in den nächsten Jahren und was brauchen wir eigentlich an Wohnungen, an Kitas und Schulen?“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Die Kosten für die Unterbringung der Geflüchteten sollten sich Bund und Länder ihrer Ansicht nach aufteilen. „Denn wir können es den Kommunen nicht zumuten, dass sie am Punkt stehen und entscheiden müssen, gebe ich jetzt das Geld für die Flüchtlingsunterkunft oder den Sportplatz aus.“ Zudem würden die Kosten für die Integration der Menschen von Ländern und Kommunen getragen.

Am Montag beraten die Regierungschefs- und chefinnen der Länder über die Flüchtlingspolitik und Treffen danach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Im Mittelpunkt steht die Verteilung der Kosten für Versorgung und Unterbringung von Schutzsuchenden. Die Länder wollen unter anderem eine Pro-Kopf-Pauschale von mindestens 10.500 pro Flüchtling und Jahr. Der Bund hat bisher 5.000 Euro in Aussicht gestellt.

Der niedersächsische Regierungschef Stephan Weil (SPD) bezeichnete dieses Angebot als „Witz“. „Es fallen immer höhere Unterbringungskosten an, je mehr Geflüchtete kommen“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“. „Außerdem berücksichtigt der Bund in seiner Rechnung besonders aufwendige Flüchtlingsgruppen nicht ausreichend, wie zum Beispiel die unbegleiteten Minderjährigen.“

Der Deutsche Landkreistag rief den Bund auf, den Landkreisen und Kommunen „zumindest die finanziellen Lasten abzunehmen, die sie selbst nicht verursacht haben“. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, forderte „die vollständige Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge, die gerade durch den Zuzug aus der Ukraine sehr stark steigen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Für 2023 gehe es um drei Milliarden Euro. Außerdem müsse der Bund alles Mögliche unternehmen, um die Flüchtlingszahlen zu reduzieren.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), dringt auf „tragfähige, dauerhafte Lösungen“ für die Kommunen, wie sie den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Online Samstag, Print Sonntag) sagte. Zugleich kritisierte sie im Gespräch mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) die Sprache, in der die Debatte geführt wird. „Eine Tonlage, die immer schärfer und populistischer wird, sowie täglich neue Scheinlösungen präsentiert, spaltet unsere Gesellschaft in ‚Die anderen‘ und ‚Wir'“, sagte sie. „Es ist falsch, die Migrationsfrage als Ursache für sämtliche Probleme in unserem Land heranzuziehen, vom Gesundheitswesen bis in den Bildungsbereich.“