Welthungerhilfe warnt vor Kürzungen bei Kampf gegen Hunger

Welthungerhilfe warnt vor Kürzungen bei Kampf gegen Hunger
Weltweite Krisen führen zu einer Stagnation im Kampf gegen Unterernährung. Die Welthungerhilfe kritisiert vor diesem Hintergrund Kürzungen im Bundeshaushalt. Es gelte, die Jugend im globalen Süden zu stärken, um ihnen Bleibeperspektiven zu öffnen.

Berlin, Bonn (epd). Die Welthungerhilfe hat vor Einsparungen in der Entwicklungs- und humanitären Hilfe Deutschlands gewarnt. Die angekündigten Kürzungen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro seien das falsche Signal in einer Zeit zahlreicher Krisen, sagte die Präsidentin des Hilfswerks, Marlehn Thieme, am Donnerstag in Berlin. Bei der Vorstellung des Welthunger-Index beklagte sie eine Stagnation im Kampf gegen Hunger. Dem Index zufolge waren 2022 insgesamt 735 Millionen Menschen unterernährt.

Nach vielen Jahren der Fortschritte zur Beendigung der Unterernährung sei es seit 2015 kaum noch vorangegangen, sagte Thieme vor dem Welternährungstag am Montag. 2015 lag die Zahl der unterernährten Menschen demnach noch bei 572 Millionen. Der Bericht der Welthungerhilfe untersucht die Ernährungslage in 136 Ländern. 43 Länder verzeichnen demnach weiterhin ein sehr ernstes oder ernstes Hungerniveau. In 18 Ländern mit bislang mäßigen bis ernsten Hungerwerten nahm dieser seit 2015 noch einmal zu.

Multiple Krisen wie der Anstieg der Nahrungsmittelpreise infolge des Ukraine-Kriegs, wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie, der Klimawandel und mehr bewaffnete Konflikte verstärkten sich gegenseitig, erklärte die Welthungerhilfe. Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen und benachteiligte Gruppen seien besonders betroffen, weil sie kaum noch Kapazitäten zur Bewältigung der verschiedenen Krisen haben.

Südasien und Afrika südlich der Sahara seien mit Welthungerindex-Werten von jeweils 27 die Weltregionen mit dem größten Hunger. Der Index stuft die Länder gemäß einer 100-Punkte-Skala ein. Werte zwischen zehn und 19,9 Punkte bedeuten mäßigen Hunger.

Ein sehr ernstes Ausmaß an Hunger herrscht den Angaben zufolge in Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Lesotho, Madagaskar, Niger, Somalia, Südsudan, Jemen und der Zentralafrikanischen Republik. Gezielte Unterstützung der Jugend sei nicht nur in diesen Ländern wichtig, um ihnen eine langfristige Perspektive zum Bleiben in ihren Heimatregionen zu bieten, mahnte die Präsidentin der Welthungerhilfe.

Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, kritisierte, junge Menschen im globalen Süden erbten krisenanfällige Systeme. Sie seien in ihren jeweiligen Ländern zu wenig an Entscheidungsprozessen beteiligt. Nötig sei eine Generationengerechtigkeit, um den Hunger zu reduzieren. „Dazu gehören Investitionen in ihre Bildung, Gesundheit und Ernährung“, sagte Mogge. Ohne eine echte Perspektive für eine gesicherte Existenz würden junge Menschen ihre Heimatgebiete auch weiterhin verlassen.

Lutz Depenbusch vom katholischen Hilfswerk Misereor in Aachen bezeichnete es als inakzeptabel, dass drei Milliarden Menschen aus Armutsgründen von gesunder Ernährung abgeschnitten seien. Diesen Menschen fehlten Einkommen im Umfang von lediglich 2,2 Prozent der Weltwirtschaftsleistung.

Der Welthunger-Index wird auf der Grundlage einer Formel berechnet, die bei den einzelnen Ländern Angaben zu Unterernährung, Wachstumsverzögerung, Auszehrung bei Kindern und Kindersterblichkeit kombiniert.