"Politik interessiert an kirchlicher Sicht"

Portrait von Wilko Teifke
© Wilko Teifke
Pastor Wilko Teifke (47) arbeitet als Landeskirchlicher Beauftragter in Kiel und hat viel mit Politikern zu tun.
Beauftragter der Nordkirche
"Politik interessiert an kirchlicher Sicht"
Seit rund 100 Tagen arbeitet Pastor Wilko Teifke (47) als Landeskirchlicher Beauftragter in Kiel. Er fungiert damit als Botschafter zwischen der evangelischen Nordkirche und der Politik in Schleswig-Holstein. Im Gespräch schildert er, warum er diesen Job gerne macht und weshalb Kirche und Politik nicht nur bei der Novellierung des Bestattungsgesetzes in Schleswig-Holstein im guten Austausch sein sollten.

epd: Herr Teifke, wie geht es Ihnen im Kieler Landeshaus?

Wilko Teifke: Gut! Im Landeshaus herrscht ein freundlicher Ton, auch wenn in der Sache mitunter hart gestritten wird. Mein Büro habe ich aber übrigens im Landeskirchenamt, im Landeshaus bin ich lediglich zu Gast.

Wann sind Sie im Landeshaus?

Wilko Teifke: Wenn ich mit Abgeordneten verabredet bin, zu Anhörungen in Ausschüssen oder in den Plenarwochen. Ich sitze auf der Gästetribüne, wenn kirchenrelevante Themen verhandelt werden, und gestalte mit meiner katholischen Kollegin die ökumenische Andacht zu Beginn der Plenarwoche.

Sie mögen also Ihren neuen Job?

"Kirche steht nicht für Stillstand, sondern für die Kraft, Krisen und Veränderungen zu gestalten."

Wilko Teifke: Ich arbeite gerne für die Kirche, auch wenn sie oft kritisch hinterfragt wird. Kirche steht nicht für Stillstand, sondern für die Kraft, Krisen und Veränderungen zu gestalten. Deshalb muss sie mit der Politik gut im Kontakt sein, die ja für die Gestaltung von Veränderungen zuständig ist. In der Nordkirche habe ich schon ein gutes Netzwerk, in der Politik erarbeite ich mir das gerade. Und um auf Ihre Frage direkt zu antworten: Ja, mein Job macht mir Spaß.

Fühlen Sie sich als Kirchenvertreter von der Politik gehört?

Wilko Teifke: Ich spüre seitens der Politik ein großes Interesse an der kirchlichen Perspektive. Die Nordkirche wird bei vielen Gesetzesvorlagen zu Stellungnahmen aufgefordert. Ich bespreche mich dann mit den jeweiligen Experten und Expertinnen in der Nordkirche und wir arbeiten eine schriftliche Stellungnahme aus. Gelegentlich werde ich auch zu mündlichen Anhörungen in Ausschüsse eingeladen, demnächst etwa in den Innen- und Rechtsausschuss. Es geht um das geplante Integrations- und Teilhabegesetz. Dazu habe ich mich mit der Diakonie und der Flüchtlingsbeauftragten der Nordkirche besprochen. In welchem Maß unsere Meinung in Gesetzesvorlagen einfließt, kann ich nach 100 Tagen noch nicht beurteilen. Politische Prozesse brauchen ja erfahrungsgemäß Zeit.

Wilko Teifke ist Botschafter zwischen der evangelischen Nordkirche und der Politik in Schleswig-Holstein.

Aktuell soll in Schleswig-Holstein das Bestattungsgesetz neu aufgelegt werden. Anlass ist eine neue Form der Erdbestattung, die "Reerdigung", die in das Gesetz mit aufgenommen werden soll und in Schleswig-Holstein gerade als Pilotprojekt läuft. Da war die Nordkirche ja sicher auch involviert.

"Bei einer Reerdigung wird der Verstorbene in einem sargähnlichen Kokon auf Stroh und Grünschnitt gebettet. Körpereigene Mikroorganismen zersetzen seinen Körper innerhalb von 40 Tagen zu Erde, die dann beigesetzt wird."

Wilko Teifke: Genau. In diesen Gesetzgebungsprozess wurden wir sehr früh einbezogen. Bei einer Reerdigung wird der Verstorbene in einem sargähnlichen Kokon auf Stroh und Grünschnitt gebettet. Körpereigene Mikroorganismen zersetzen seinen Körper innerhalb von 40 Tagen zu Erde, die dann beigesetzt wird. Wir stehen der neuen Bestattungsform positiv gegenüber und haben das in unserer Stellungnahme auch betont.

Inzwischen liegt der Gesetzesentwurf vor und Sie haben dennoch Kritik geübt.

Wilko Teifke: Ja, weil der Entwurf auch noch eine weitere Bestattungsform erlaubt, die in einem Vorentwurf nicht vorgesehen war. Nach einer Feuerbestattung darf die Asche eines Verstorbenen frei auf dem Friedhof verstreut werden. Das sehen wir kritisch. Angehörige hätten dann keinen festen Trauerort mehr.

Was meinen Sie: Wird der Entwurf nochmal geändert?

Wilko Teifke: Das Justizministerium wird sich die Reaktionen der Verbände auf den Entwurf nochmal ansehen. Wenn die Bestattungsform dennoch beschlossen wird, werden wir sie natürlich begleiten und gestalten. Ich finde gut, dass sie nur auf Friedhöfen möglich sein soll. So bleibt den Angehörigen zumindest noch der Friedhof als Trauerort.

Die Friedhöfe haben ja eh schon zu kämpfen, weil es immer weniger Erdbestattungen gibt, die aber das meiste Geld einbringen. Kommen die Friedhöfe durch das neue Gesetz noch mehr in Bedrängnis?

Wilko Teifke: Nein. Das Verstreuen der Asche wäre kein Zwang für die Friedhöfe, sie müssten das nicht anbieten. Und durch Reerdigungen hätten sie keinen Nachteil. Die Erde eines Verstorbenen muss nach der Kompostierung ja auch beerdigt werden.