Kirchen spielen große Rolle bei Versöhnung

Wolfgang Schäuble
© epd-bild/Christian Ditsch
Wolfgang Schäuble erinnert daran, "die Friedensarbeit der Kirchen nicht außer Acht zu lassen, wenn man auf den Prozess der deutsch-französischen Versöhnung zurückblickt."
Fragen an Wolfgang Schäuble
Kirchen spielen große Rolle bei Versöhnung
Für den früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) spielen die Kirchen eine große Rolle für Frieden und Versöhnung. Das christliche Gebot des Vergebens und Aufeinanderzugehens sei wegweisend bei der deutsch-französischen Versöhnung gewesen.

Das sagte der CDU-Politiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sollte man die Rolle der Kirchen im Friedensprozess nicht unterschätzen.

epd: Am 12. Mai wird die Begegnungskapelle, die Chapelle de la Rencontre, offiziell in Straßburg eingeweiht. Sie haben sich für die Sanierung des 75 Jahre alten Gotteshauses starkgemacht, warum?

Wolfgang Schäuble: Wie der Name schon sagt - es ist eine Begegnungskapelle. Und dass die Begegnung von Deutschen und Franzosen weiterhin bestehen bleibt, dass wir zusammenkommen und die mittlerweile so langjährige Freundschaft zwischen den zwei Ländern und Völkern wahren, das ist ganz wichtig. Diese Kapelle ist ein Symbol dafür und deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, dass sie wieder saniert wird.

Welche Rolle spielten die Kirchen bei der deutsch-französischen Versöhnung?

Schäuble: Die Kirchen, sowohl evangelisch als auch katholisch, haben in beiden Ländern eine große Rolle bei der deutsch-französischen Versöhnung gespielt. Einander vergeben und wieder aufeinander zugehen - da ist der christliche Glaube sicherlich eine wegweisende Richtlinie für viele gewesen und ist es auch heute immer noch. Aus diesem Grund ist die Friedensarbeit der Kirchen nicht außer Acht zu lassen, wenn man auf den Prozess der deutsch-französischen Versöhnung zurückblickt.

Die "Chapelle de la Rencontre" liegt nur wenige hundert Meter hinter der Rheinbrücke nach Kehl.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt, dass Frieden und ein grenzenloses Europa nicht selbstverständlich sind. Welche Rolle können die Kirchen spielen?

Schäuble: Der Krieg zeigt auch, dass mit Pazifismus allein der Frieden leider nicht gewahrt werden kann. Wir müssen Politik in der Realität machen und dann auch über schwierige Themen wie etwa Waffenlieferungen debattieren. Und gleichzeitig sollte man aber auch die Rolle der Kirchen im Friedensprozess nicht unterschätzen. Denn die Erinnerung an die christlichen Werte, wie beispielsweise Nächstenliebe, trägt positiv dazu bei, den zwischenmenschlichen Aspekt in diesem Konflikt nicht aus den Augen zu verlieren und kann Menschen wieder zusammenbringen.