TV-Tipp: "Wer füttert den Hasen?"

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7. April, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Wer füttert den Hasen?"
Das ZDF hat diesen Film anfangs als Komödie angekündigt, doch davon kann keine Rede sein, selbst wenn der Auftakt Heiterkeit signalisiert. Mittlerweile trägt "Wer füttert den Hasen?" das Etikett "Dramedy". Grimme-Preisträger Daniel Nocke (Buch) und Tim Trageser (Regie) erzählen eine klassische Trennungsgeschichte, die auch im "Herzkino" hätte laufen können.

Zunächst gilt es, ein Missverständnis zu klären: Beim Titeltier handelt es sich keineswegs um einen Hasen, sondern um ein Kaninchen. Das Münchener Ehepaar Jule und Marco Meisner (Teresa Rizos, Axel Stein) hatte einst vereinbart, dass Jules Träume an der Reihe sind, wenn Tochter Fine in die Schule kommt. Nun ist es soweit: Die Lebensmitteltechnikerin will sich mit Birthe (Shadi Hedayati), einer Freundin aus gemeinsamen Studienzeiten, an der Nordsee selbstständig machen. Birthe hat endlich die richtigen Räume für die gemeinsame Lebensmittelfirma gefunden, und Jule radelt freudestrahlend in die Stadt, um Marco die gute Nachricht persönlich mitzuteilen.

Mit dieser Fahrradfahrt an Gründonnerstag endet der fröhliche Teil des Films, denn ab jetzt folgt ein Tiefschlag nach dem anderen: Der Gatte ist keineswegs gewillt, München zu verlassen, weil er bereits seit einem halben Jahr mit Kollegin Natalie (Caroline Maria Frier) liiert ist. An Karfreitag platzt im Norden auch der große Traum: Die für die Fertigung von Biotiefkühlkost vorgesehene Produktionshalle ist eine "Schimmelbude", wie Jule entsetzt feststellt; Lebensmittel lassen sich hier auf keinen Fall lagern und verarbeiten. Birthe hat allerdings bereits eine erhebliche Summe investiert; beim Streit ums Geld zerbricht die Freundschaft. Den nächsten Schock muss Fine verkraften: Über Nacht hat das vom verstorbenen Großvater übernommene Kaninchen Horst ebenfalls das Zeitliche gesegnet. 

Wie das ZDF darauf gekommen ist, dieses Bündel an Schicksalsschlägen für eine Komödie zu halten, ist ein Rätsel, selbst wenn die Verpackung wie ein Sonntagsfilm aussieht. Tatsächlich könnte "Wer füttert den Hasen?" auch im Rahmen des "Herzkinos" laufen, zumal Nocke seine Geschichte um ein echtes Osterereignis ergänzt. Fine verbringt den Feiertag bei Marco und Natalie, und siehe da: Horst scheint wiederauferstanden. Natalie bestärkt das Mädchen in dem Glauben: "Wenn man ganz fest an Wunder glaubt, dann sind sie auch möglich." Jule hält das für Hokuspokus und will der Tochter beweisen, dass das im Garten bestattete Kaninchen nach wie vor tot ist. 

Sollten sich Horrorfans in diesen Film verirrt haben, werden sie angesichts der ergebnislosen Exhumierung womöglich an Stephen Kings mehrfach verfilmten Roman "Friedhof der Kuscheltiere" denken, zumal die Tiere in Nockes Drehbuch ohnehin eine mindestens zwiespältige Rolle spielen: In der Nachbarschaft des Hauses, das Birthe für Familie Meisner ausgesucht hat, lebt ein Hund, der Fine derart aggressiv ankläfft, dass sie umgehend zurück nach München will; später fällt sie vom Pferd und bricht sich den Arm. Zum Glück gibt es auch schöne Szenen. Erst ist Horst 2 der Höhepunkt einer Schnitzeljagd am Ostersonntag, dann versöhnt sich Fine mit dem Pferd: "Du bist nicht schuld. Niemand ist schuld." Dies ist die Botschaft des Films, denn Nocke und Trageser haben sorgsam darauf geachtet, dass Marco nicht zum Schurken der Geschichte avanciert, obwohl sie aus Jules Perspektive erzählt wird: Ihre verständliche Gefühlsmischung aus Trauer und Wut verleitet sie zu diversen unbeherrschten Reaktionen, die sie ungerecht und aggressiv wirken lassen; er dagegen bleibt stets ruhig und besonnen. Natürlich hat er auch nichts zu verlieren, während sie quasi über Nacht mit leeren Händen da steht, zumal es Fine zu Marco und Natalie zieht.

Trageser hat zuletzt ein beachtliches "Bio-Pic" über Franz Beckenbauer gedreht ("Der Kaiser", 2022). Der vielfach ausgezeichnete Regisseur ist im Reihenkrimi ebenso daheim wie im Kinderfilm. Gerade in seinen Dramen zeigt sich die besondere Fähigkeit, anspruchsvolle Themen unterhaltsam zu erzählen; vom erschütternden Schulmobbingfilm "Neufeld, mitkommen" (2014) mal abgesehen. Das gilt auch diesmal: Die Umsetzung orientiert sich inklusive Landschaftsaufnahmen und diverser Popsongs weitgehend am "Herzkino"-Stil. Kleine Abzüge gibt es in der B-Note: In der Streitszene zwischen Jule und Birthe schießen beide Schauspielerinnen mit zu viel Lautstärke weit übers Ziel hinaus, aber die mütterliche Verzweiflung verkörpert Teresa Rizos sehr nachvollziehbar. Ganz ausgezeichnet geführt ist auch die junge Maya Gallon; die Mutter/Tochter-Momente wirken sehr glaubwürdig.