Umfrage: In vielen Städten stapeln sich die Anträge auf Einbürgerung

Umfrage: In vielen Städten stapeln sich die Anträge auf Einbürgerung
Die Zahl der Einbürgerungen steigt. Ebenso die Zahl der Menschen, die einen deutschen Pass wollen. Die Folge: In den Behörden stapeln sich die Anträge. Experten erwarten, dass Gesetzesreformen die Belastungen in den Behörden noch steigern.

Berlin (epd). Die Behörden der 23 bevölkerungsreichsten Städte Deutschlands haben aktuell mehr als 115.000 Anträge auf Einbürgerung zu bearbeiten. Das geht aus einer Umfrage des Mediendienstes Integration hervor, deren Ergebnisse am Donnerstag vorgestellt wurden. Am höchsten sind die Aktenstapel demnach in Berlin (rund 26.000 offene Anträge), Hamburg (etwa 19.000) und München (etwa 10.000). Experten und Praktiker gehen davon aus, dass die Belastung der Behörden durch gesetzliche Reformen weiter zunehmen wird.

Die Wartezeiten der Antragsteller auf einen Bescheid seien unterschiedlich lang, hieß es. Sie reichten im Schnitt von einem bis zu anderthalb Jahren, aber in einigen Fällen auch deutlich länger.

In vielen Städten ist der Recherche zufolge die Zahl der Einbürgerungen im Jahr 2022 deutlich gestiegen. In Braunschweig, Bremen, Dresden und Düsseldorf hat sie um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen, in Münster um 40 Prozent und in Gelsenkirchen um 50 Prozent. In Wuppertal stieg die Zahl sogar um 56 Prozent.

Noch stärker als die Zahl der erfolgten Einbürgerungen wächst die Zahl der Anträge: In Köln und Dresden hat sie sich innerhalb eines Jahres verdoppelt, in Bielefeld sogar verdreifacht. Mehrere Städte (Augsburg, Braunschweig, Essen, Hamburg, München, Münster) geben eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von rund einem Jahr an. Andere wie etwa Aachen, Bremen, Karlsruhe und Stuttgart schätzen die Bearbeitungszeit im Schnitt auf rund 1,5 Jahre. Chemnitz hat die längste Zeitspanne angegeben: Bis zu 36 Monate.

Peter Schlotzer, langjähriger Dozent für Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsrecht, sagte, die Einbürgerungsbehörden seien oft personell unterbesetzt. „Und es ist schwer, passendes Fachpersonal zu aquirieren.“ Der Fachkräftemangel sei auch hier zu spüren. Der Fachmann erwartet auch künftig eine hohe Belastung der Behörden: Die Zahl der Anträge auf Einbürgerung werde sich vermutlich mindestens verdoppeln, denn die Bundesregierung wolle Einbürgerungen unkomplizierter gestalten.

Er beklagte, dass die Arbeit in den Ämtern auch deshalb erschwert werde, weil es keine neuen einheitlichen Verwaltungsvorschriften gebe. „Es ist dringend erforderlich, hier etwas zu ändern, denn die aktuellen Vorschriften stammen noch aus dem Jahr 2000.“

Tarik Tabbara, Professor für Öffentliches Recht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, betonte, die Zahl der Einbürgerungsanträge werde weiter steigen, wenn das bisherige Prinzip, Mehrstaatlichkeit möglichst zu vermeiden, aufgegeben werde. Er verwies zudem darauf, dass die lange Bearbeitungsdauer der Anträge nicht nur mit dem Personalmangel in den Behörden zu tun habe. Das Hauptproblem in den Verfahren sei die langwierige Identitätsklärung durch Antragsteller. Amtliche Dokumente und Pässe im Heimatland zu besorgen, dauere oft Monate.

Tabbara sagte weiter, der Erfolg von Einbürgerungsverfahren hänge eng mit einer guten Vorbereitung und professioneller Beratung zusammen. Hier habe sich das Prinzip der Integrationslotsen als unabhängigen Stellen bewährt. Das zeige das Beispiel Hamburg. In der Hansestadt habe sich die Zahl der Einbürgerungen verdoppelt.