"Evangelische Kirche ist sehr deutsch und weiß"

Portrait der Kirchenrätin Barbara Pühl
© epd-bild/Susanne Schröder
Kirchenrätin Barbara Pühl leitet seit Juni 2022 die Evangelischen Dienste München.
Dekanin forciert Inklusionskonzepte
"Evangelische Kirche ist sehr deutsch und weiß"
Willkommenskultur und Chancengerechtigkeit: Für neue Konzepte in der kirchlichen Inklusions- und Migrationsarbeit spricht sich die Leiterin der Evangelischen Dienste München (EDM), Kirchenrätin Barbara Pühl, aus.

Das Thema, "wie wir als Kirche internationaler sein können", stecke in der bayerischen Landeskirche noch in den Kinderschuhen, sagte die promovierte Theologin dem epd: "Gerade unsere evangelische Kirche ist ja doch sehr deutsch und weiß." Der Inklusionsgedanke sei inzwischen verbreitet, aber in der Praxis schwer umzusetzen. "Wir sagen immer, es sind alle willkommen, aber wenn dann Fremde kommen, werden sie häufig doch allein gelassen", erläuterte die Pfarrerin.

Um Teilhabe zu leben, müssten sich Strukturen und Kulturen auch in der Kirche verändern. So seien Menschen mit Migrationshintergrund im Bildungssystem nach wie vor benachteiligt: "Da stellt sich beispielsweise die Frage Theologie zu studieren gar nicht." Und nur, weil eine Rolli-Rampe vorhanden sei, fühle sich ein Rolli-Fahrer nicht automatisch willkommen. "Da braucht es eine Offenheit von allen Seiten", sagte Pühl, die seit Juni 2022 die EDM leitet.

Zu den EDM gehören Angebote wie Altenheim- und Krankenhausseelsorge, Offene Behindertenarbeit, Evangelische Jugend, Beratungs- und Migrationsarbeit, Hochschulseelsorge sowie kleinere Projekte wie der Oma-Opa-Service. Als EDM-Leiterin ist Barbara Pühl "Dekanin der Dienste" und dem Münchner Stadtdekan gleichgestellt. Bis Juni 2022 war Pühl landeskirchliche Beauftragte für Chancengerechtigkeit und leitete die Fachstelle zum Umgang mit sexualisierter Gewalt.

Die EDM kämen "mit vielen Menschen in Berührung, die sonst nicht in unseren Gemeinden auftauchen", sagte Pühl. Durch die Corona-Pandemie habe sich die Gesellschaft verändert. Menschen seien stärker vereinzelt, hätten mehr Ängste, seien misstrauischer und belasteter als zuvor. "Beratungsarbeit ist momentan wirklich grundlegend und sehr wichtig", betonte die Pfarrerin.

Um als Kirche möglichst viele Menschen in München zu erreichen, müssten sich die verschiedenen Angebote besser vernetzen. "Eine Kirchengemeinde allein kann nicht alles leisten", sagte Pühl. Wer mit anderen kooperiere, bekomme Fachwissen hinzu: "Dann ist das keine Konkurrenz, sondern ein Portfolio von Möglichkeiten."