Studieren zwischen Bosporus und Spree

Die Studenten Taha Dağli, Emre Küçük, Hazel Sarar und Selim Çağlar (von links) vor der neu gegründeten Universität.
Foto: Mirjam Schmitt
Die Studenten Taha Dağli, Emre Küçük, Hazel Sarar und Selim Çağlar (von links) vor der neu gegründeten Universität.
Studieren zwischen Bosporus und Spree
Die türkische Privatuniversität Bahçeşhir mit Sitz in Istanbul unterhält Ableger auf der ganzen Welt. Nun hat die Universität eine Zweigstelle in Berlin eröffnet. Türkische und deutsche Studenten sollen dort gemeinsam lernen, die Studiengebühren: 7900 Dollar pro Jahr.

Bei der Eröffnungsfeier am Montag gab sich die türkische Privatuniversität international: Per Video war der Berliner Ableger mit dem Hauptcampus in Istanbul verbunden. Die Zweigstelle in Berlin ist  etwas bescheidener als der großzügige türkische Campus, der direkt am Bosporus liegt: Sie ist in einem Bürogebäude in Berlin-Mitte an der Grenze zu Kreuzberg untergebracht. Sieben Seminarräume und ein Computerraum sollen in Zukunft bis zu 200 Studenten zur Verfügung stehen.

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Die Bahcesehir Universität in Istanbul wurde 1998 gegründet, sie ist in Form einer Stiftung organisiert und gehört zum privaten Bildungskonzern "Bahçeşehir Uğur International Studies“. Das Unternehmen betreibt auch Kindergärten und Schulen. Direktorin des Berliner Ablegers, Süheyla Schröder,  hat die Bahçeşehir Universität mit gegründet. Die Türkin ist mit einem Deutschen verheiratet und hat noch weitere Pläne für Berlin: "Wir wollen als nächstes ein Gymnasium eröffnen“, sagt sie. Die Universität unterhält Standorte weltweit etwa in den USA. Der Ableger in Berlin ist der erste in Europa. Türkische Studenten in höheren Semestern, die am Istanbuler Campus eingeschrieben sind, können ein Austauschsemester in Berlin absolvieren. Der Vorteil zum Erasmus-Austauschprogramm sei, dass die Studenten kein Semester verlieren, sagt Süheyla Schröder. Erstsemester könnten den Bachelor in Berlin beginnen und an einem anderen Standort der Universität weiter studieren.

Am wichtigsten: eine Handykarte

Am Sonntag sollten alle türkischen Studenten in Berlin eintreffen, doch einige hatten Probleme mit dem Visum und müssen nachkommen, 24 Studenten sind schon da und erkunden derweil Kreuzberg. Einer von ihnen ist der 20-jährige Taha Dagli. Er studiert im ersten Semester Film und Fernsehen. Das Wichtigste hat er schon organisiert: Eine Handykarte. Als nächstes möchte er ein Fahrrad kaufen. Denn wie er begeistert feststellt: "Berlin ist ziemlich flach und der Verkehr ist ruhig.“ Fahrrad fahren ist also kein Problem – nicht wie im chaotischen Istanbul. Taha Dagli hat sich nicht nur wegen der Uni für Berlin entschieden, er findet die Stadt inspirierend und will in die Berliner Künstlerszene eintauchen. Dazu möchte er unbedingt deutsch lernen – auch wenn das in drei Monaten schwer sei und er an jeder Ecke türkisch sprechen könne. Die Studenten erhalten an der Universität Sprachunterricht. "Drei Monate sind kurz, aber ich brauche nur wenig Schlaf“, sagt Taha Dağli.

7900 Dollar für eine internationale Ausbildung

Süheyla Schröder gründet in Berlin die erste türkische Universität. Foto: Mirjam Schmitt

Im ersten Semester sind 53 Studierende eingeschrieben – 33 aus der Türkei, 20 aus Deutschland. "Wir wollen vor allem türkischstämmigen Studenten die Möglichkeit geben bei uns zu studieren“, sagt Direktorin Süheyla Schröder. Oft hätten türkischstämmige Studenten Schwierigkeiten im deutschen Bildungssystem. Manche hätten auch den Wunsch, in die Türkei zurückzukehren. Die Bahcesehir Universität sei deshalb eine gute Alternative zu deutschen Universitäten für Studenten mit türkischem Migrationshintergrund. Im ersten Jahr würden auch Bewerber mit schlechten Abiturnoten zugelassen. Für einen Platz an der Uni  müssen die Studenten allerdings ordentlich zahlen: 7900 Dollar Studiengebühren kostet die Universität pro Jahr für ausländische Studenten, die türkischen Studenten müssen das doppelte zahlen. Die internationale Ausbildung und die Möglichkeit auf der ganzen Welt zu studieren, ist den türkischen Eltern, die es sich leisten können, diese Investition wert. Süheyla Schröder sagt: "Es gibt viele Stipendien.“ Architektur, Medien, Jura, Design und Computerwissenschaften sind die Schwerpunkte des Berliner Standortes. Die Universität arbeitet nach türkischem Recht, der Unterricht ist auf Englisch.

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Nur drei Monate können die Studenten aus der Türkei bleiben. Denn türkische Staatsbürger erhalten in Deutschland nur ein Visum für 90 Tage. Der Lehrplan der Berliner Universität musste daher angepasst werden: Der Stoff von 14 Wochen wurde in 12 Wochen gepresst. Trotzdem länger bleiben will die Architekturstudentin Hazel Sarar. Wie, weiß sie noch nicht, aber sie ist sich sicher, dass es eine Möglichkeit gibt. Die 22-Jährige erhält ein Stipendium und muss nur die Miete in einer der Wohngemeinschaften zahlen, die die Universität zur Verfügung stellt. "Ich habe hart für das Stipendium gearbeitet“, sagt sie. Hazel Sarar hat die deutsche Schule in Istanbul besucht und war dort eine der besten Absolventinnen. Nun studiert sie im siebten Semester an der Bahçeşehir Universität.  Hazel Sarar spricht fließend deutsch, für sie war es naheliegend für ein Semester nach Berlin zu gehen. Schon ihr Baupraktikum absolvierte sie im Juni in Karlsruhe. "Wer weiß, vielleicht will ich nach der Uni sogar in Deutschland bleiben“ sagt sie.