Marilyn Monroe im Rhöner Kirchenhimmel

Marilyn Monroe als Engelsbild In der evangelischen Kirche in Tann-Habel in der Rhön
© epd-Bild/Christof Krackhardt
Auch ohne Schmollmund unverkennbar - Marilyn Monroe als gemalter Engel in der evangelischen Kirche von Tann-Habel
Entdeckung in Dorfkirche
Marilyn Monroe im Rhöner Kirchenhimmel
Die Hollywood-Diva Marilyn Monroe war eine der meistfotografierten Frauen der Welt. In der Dorfkirche des 300-Seelen-Ortes Habel in der Rhön ist ihr Bild im Deckengemälde zu bestaunen.

Roter Schmollmund, platinblonde Locken und üppige Kurven ließen Männerherzen höherschlagen. Marilyn Monroe (1926-1962) wurde in den 1950er-Jahren als Schauspielerin und Sexsymbol weltberühmt und ihre Fotos zu Ikonen der Pop-Kultur.

Der berühmte Siebdruck "Marilyn Diptych" von Andy Warhol von 1962 hängt in der Tate Gallery of Modern Art in London. Doch Marilyns Konterfei ist auch dort zu sehen, wo es niemand vermutet: in einer evangelischen Dorfkirche in der Rhön.

In Habel, einem Ortsteil von Tann (Fulda), ist ein Engel des Deckengemäldes mit dem Kopf von Marilyn Monroe versehen. Seit den 60er-Jahren blickt sie in der kleinen Dorfkirche auf die Besucher hinab - aber nicht als lasziver Vamp, sondern als Kindergesicht mit grauen Engelsflügeln.

Der frühere Pfarrer Wilhelm Laakmann, der bis 2010 dort tätig war, findet, sie sei unverkennbar: "Zwar mit züchtig geschlossenem Mund. Doch die zarte Gesichtsform und Frisur ist dieselbe, bis hin zur typischen Haartolle."

Dem Maler wurden die Vorlagen knapp

Reimund Romeis aus Habel, der über 30 Jahre im Kirchenvorstand war, weiß, wie der Filmstern in Kindergestalt an die Decke der kleinen Barockkirche kam. Der 73-Jährige berichtet, dass sie in den Jahren 1963 und 1964 renoviert worden sei. Ein Kirchenmaler, der bekannte Rhönmaler Walter Niebergall (1924-1999) aus Hilders, sei beauftragt worden, einen Deckenabschnitt mit Engeln zu verzieren. Die Körper samt Flügeln malte er ohne spezielle Vorbilder.

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Für die Gesichter entstand die Idee, Porträts von Kindern aus dem Dorf zu verwenden. Dafür sind ihm Fotografien vorbeigebracht worden - auch eines seiner Ehefrau Ingrid, die sich somit in der Riege der zwölf Engel wiederfindet. Aber es hätten wohl ein paar Kinderbilder gefehlt, erinnert sich Romeis: "Wir waren ein sehr kleines Dorf mit etwa 100 Einwohnern." Und so habe sich Niebergall auf den Weg nach Tann gemacht, um sich weitere Vorlagen zu beschaffen.

Wo genau, das hat Laakmann während seiner Zeit als Gemeindepfarrer recherchiert: bei dem bekannten Fotografen Rolf Kreuder (1923-1995). Dessen Frau Sigrid habe ihm Illustriertenbilder von damals gezeigt, "die eine frappante Ähnlichkeit mit den Malereien haben". So sei Niebergall auf der Suche nach "schönen Gesichtern" auf ein Foto von Marilyn gestoßen. Und somit reihte sich der Monroe-Engel im weißen Wolkenmeer der Habeler Kirche brav bei seinen elf Gefährten aus dem Dorf ein.

Allerdings blieb die Hollywood-Diva als leuchtender Filmstern im Kirchenhimmel wohl nicht alleine. Wahrscheinlich sei ein Engel, abgebildet mit einer Fanfare in der Hand, Jane Russel (1921-2011) nachempfunden, erläutert Laakmann. Als ihr Pendant auf der anderen Seite der Kanzel machte er bei seinen Recherchen eine andere Ikone aus: Maureen O’Hara (1920-2015). Dass Fotografien der beiden Schauspielerinnen als Vorlage weitergeben worden seien, das habe Kreuders Witwe bestätigt.

Der Sohn des damaligen Gemeindepfarrers Joachim Haupt, Jens, der seine Kindheit in Habel verbrachte und selbst Pfarrer ist, erzählt, dass sein Vater die Malereien mit Humor genommen habe. Über die im Ort erzählte Anekdote, dass dieser während der Malereien Urlaub genommen habe, um nicht einschreiten zu müssen, "hat er verschmitzt gelächelt". Auf jeden Fall sei es mutig gewesen, sich so etwas in einem kleinen Dorf zu trauen.

Dank des Mutes oder Eigensinns des Malers Niebergall kann der Blick in der Rhöner Dorfkirche in einen Himmel gewagt werden, in dem besondere Engel schweben. In Habel könne man sehen, welche Menschen im Himmel zu Hause sind, sagt der frühere Pfarrer Laakmann: "Vielleicht das eigene Kind oder auch berühmte Leute, die man gerne kennengelernt hätte oder kennenlernen würde." Dass Filmstars und Kinder aus Habel in einer Kirche vereint sind, findet er toll, weil das Deckengemälde keine Unterschiede macht: "Alle sind gleich, alle sind Stars, weil sie Engel sind."