TV-Tipp: "Am Ende einer Reise – Der Usedom-Krimi"

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27. Oktober, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Am Ende einer Reise – Der Usedom-Krimi"
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass langjährige Weggefährten einen gebührenden Abschied erhalten; aus Wertschätzung gegenüber den Rollen, aber auch aus Respekt vor dem Publikum.

Oft genug jedoch verschwinden Figuren einfach oder werden stillschweigend ersetzt. Neben vielen anderen positiven Merkmalen sind die "Usedom-Krimis" auch in dieser Hinsicht etwas Besonderes: Staatsanwalt Brunner (Max Hopp) bekommt einen würdigen Abgang. Nachfolgerin Katharina Stozek (Milena Dreissig) hat ihr Amt bereits angetreten, doch es bleiben noch ein paar Tage des Übergangs, und die nutzt er, um mit seiner Vorgängerin Karin Lossow (Katrin Sass) gemeinsame Sache zu machen. 18 Episoden war sie so etwas wie der Stachel in seinem Fleisch, nun bietet sich die Gelegenheit, die Beziehung zu einem guten Ende zu führen: Bei der Rückkehr aus dem schwedischen Ystad hat Lossow auf der Fähre eine attraktive Polin kennengelernt. Das unübersehbare Veilchen, sagt Dana (Karolina Gorczyca), sei das Ergebnis eines Kajakunfalls; die ehemalige Staatsanwältin interpretiert den Bluterguss selbstredend als Kennzeichen häuslicher Gewalt, zumal der Gatte, Jochen Driest (Steven Scharf), offenkundig krankhaft eifersüchtig ist. Als der Wagen des Ehepaars am nächsten Morgen die Fähre verlässt, sitzt Driest allein im Auto; kurz drauf meldet Danas Mutter ihre Tochter als vermisst. 

Das klingt nicht weiter aufregend, und als Driests Fahrzeug nach einem angeblichen Diebstahl dann auch noch völlig verbrannt gefunden wird, scheint der Fall klar: Der Unternehmer hat seine Frau auf der Fähre umgebracht, die Leiche im Kofferraum abtransportiert und schließlich sämtliche Spuren beseitigt. Trotzdem ist "Am Ende einer Reise" ein würdiger Abschluss der Trilogie und überdies eine Verbeugung vor Max Hopp, der zum Abschied vom "Usedom-Krimi" ins Zentrum der Handlung rückt. Das war schon einmal der Fall, in der Episode "Schmerzgrenze" (2020), beide Drehbücher stammen von Michael Vershinin; der Autor hat die Reihe vor fast zehn Jahren gemeinsam mit Scarlett Kleint und Alfred Roesler-Kleint entwickelt (damals noch unter dem Namen Michael Illner). In "Schmerzgrenze" wusste sich Brunner keinen anderen Rat, als ausgerechnet Lieblingsfeindin Lossow um Hilfe zu bitten, weshalb "Am Ende einer Reise" eine Art Hommage in eigener Sache ist. Davon abgesehen hatte Hopp schon immer die erlesensten Dialoge. 

Weil sich die Handlung auf die Klärung des vermeintlichen Mordes konzentriert, ist die neunzehnte Episode im Vergleich zu den beiden anderen Teilen der Trilogie deutlich mehr Krimi als Familienfilm, auch wenn Vershinin diese Ebene immer wieder mal in Erinnerung ruft. Seit ihr "Mörderhus" abgebrannt ist, wohnt Lossow bei ihrem Neffen, Hauptkommissar Witt (Till Firit); und somit nun auch bei dessen neuer Lebensgefährtin, Brunners Nachfolgerin. Als sich rausstellt, dass seine Tante die Schuld für einen Unfall von Witts neunzehnjährigem Sohn auf sich genommen hat, ist selbst für den geduldigen Polizisten eine rote Linie überschritten. Der Vorfall selbst ist zwar nicht witzig, aber amüsant: Ben (Emil Belton) ist mit einem Schild kollidiert, das vor der Smartphone-Nutzung während des Autofahrens warnt; er hatte gerade eine Textnachricht geschrieben. Ähnlich amüsant und lakonisch inszeniert ist eine Begegnung Brunners und seiner Nachfolgerin auf dem Parkplatz des Polizeigebäudes: Beide tragen einen Wäschekorb mit persönlichen Bürogegenständen und einer Zimmerpflanze in der Hand. 

Regie führte Grzegorz Muskala, in Polen geboren, in Deutschland aufgewachsen und damit geradezu prädestiniert für eine Geschichte, die zu großen Teilen auf der polnischen Autofähre (bei laufendem Betrieb gedreht) sowie im polnischen Teil der Ostseeinsel spielt. Eine seiner letzten Arbeiten war "Die Ferien des Monsieur Murot" (2020); in dem originellen "Tatort" mit Ulrich Tukur schlüpfte der Wiesbadener "Tatort"-Kommissar in die Rolle eines Doppelgängers, um dessen Ermordung aufzuklären. "Am Ende einer Reise" zeichnet sich wie gewohnt durch eine vorzügliche Bildgestaltung (diesmal Andreas Doub) und die Arbeit mit dem ausnahmslos guten Ensemble aus. Einer der interessantesten Mitwirkenden ist Urs Rechn. Er spielt die rätselhafteste Figur des Films: Der zunächst namenlose grobschlächtige Typ taucht zwar ständig auf, aber es bleibt lange Zeit völlig offen, welche Rolle der Mann in der Geschichte spielt. Brunner wiederum verabschiedet sich von Lossow stilvoll mit einem seiner Haikkus: "Hoffnung blüht immer, selbst im eisigen Winter, wenn Freundschaft sie nährt."