Bärbel Bas: "Weniger Wut und mehr Respekt"

© TSK/Jacob Schröter
Gruppenfoto der Spitzenpolitiker:innen vor Beginn des Ökumenischen Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2022 am Dom St. Marien in Erfurt. V.l.n.r. Bundesratspräsident Bodo Ramelow, die Präsidentin des Deutschen Bundestages Bärbel Bas, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Harbarth.
Appelle zum Zusammenhalt
Bärbel Bas: "Weniger Wut und mehr Respekt"
Vor 32 Jahren endete die staatliche Teilung in Deutschland. Den Mut der Bürger von damals und den gemeinsamen Aufbau nach 1990 sehen Spitzenpolitiker auch heute als Kompass für die Bewältigung der immensen Herausforderungen.

Appelle zum Zusammenhalt und zum Vertrauen auf die eigenen Stärken haben angesichts aktueller Krisen den Tag der Deutschen Einheit geprägt. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) verwies in ihrer Rede bei den zentralen Feierlichkeiten in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt auf die Stärke der Demokratie in Deutschland: "Diese Stärke kann sie aber nur entfalten, wenn wir zusammenstehen", mahnte die Politikerin.

Bas forderte, sich an Mut und Zusammenhalt der Wendezeit zu erinnern. Sie zeigten, wie viel bewegt werden könne, auch in Zeiten großer Unsicherheit. Demokratie lebe vom Streit, auch über Reizthemen wie Impfpflicht oder Waffenlieferungen. Ziel müsse aber die Suche nach gemeinsamen Lösungen sein. Dafür wünsche sie sich "weniger Wut und mehr Respekt, weniger Rechthaberei und mehr Neugier, weniger Vorurteile und mehr Empathie".

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte die Feiern zum Tag der Deutschen Einheit "ein gutes, ein wichtiges Zeichen zur richtigen Zeit". In Europa gebe es heute eine Einheit demokratischer Rechtsstaaten, die auf soziale Marktwirtschaft setzten. "Das wird uns stark machen, auch in der Zukunft", sagte er am Rande der Feierlichkeiten unter dem Motto "zusammen wachsen".

Der thüringische Ministerpräsident und amtierende Bundesratspräsident, Bodo Ramelow (Linke), lenkte in seiner Ansprache den Blick auch auf den Krieg in der Ukraine. Russlands Angriffskrieg sei "durch rein gar nichts zu rechtfertigen". Deutschland stehe solidarisch an der Seite der Ukraine. Der Osten Deutschlands habe nach 1990 eine gute Entwicklung genommen. Nötig seien aber auch neue Ideen für ein Miteinander auf Augenhöhe.

Eingeläutet wurden die Feiern am Morgen mit einem Gottesdienst im Erfurter Dom. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der mitteldeutsche Bischof Friedrich Kramer, mahnte in seiner Predigt zu Gewaltlosigkeit, in Deutschland und weltweit. Der Ruf "Keine Gewalt" sei jener Konsens, der durch die friedliche Revolution in das neue Deutschland eingebracht wurde. "Und es ist die Grundlage der Demokratie, denn nur in gewaltfreien Diskursen und Streiten lassen sich sinnvolle Lösungen finden", sagte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sah in der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag) die Strukturbrüche in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung als Grund für wachsende Sorgen heute angesichts der Energiekrise. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete in derselben Zeitung den 3. Oktober 1990 als "Glücksfall der deutschen Geschichte" und Grund zur Freude. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine allerdings bedrohe die Sicherheit und Stabilität in ganz Europa.

Außer in Erfurt wurde der Tag der Deutschen Einheit auch an zahlreichen anderen Orten feierlich begangen, so im sächsischen Landtag, in der Gedenkstätte Point Alpha oder an der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn bei Helmstedt. Ausklingen sollte der Feiertag am Abend mit einer Sing-Aktion an bundesweit 200 Orten. Gastgeberstadt für die Feierlichkeiten im nächsten Jahr ist Hamburg.