Wenig Homosexuelle beantragen Rehabilitierung

Homosexuelle auf der Gay Pride Parade in Berlin
© epd-Bild/Rolf Zoellner
Homosexuelle demonstrieren für die Rechte von sexuellen Minderheiten auf dem Christopher Street Day in Berlin. (Archivbild)
Angst vor neuem Trauma?
Wenig Homosexuelle beantragen Rehabilitierung
In Baden-Württemberg haben bislang nur wenige Personen, die nach 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen von Gerichten verurteilt wurden, einen Antrag auf Rehabilitierung gestellt. Der Ständige Ausschuss des Landtags mutmaßte, dass die Verfolgung der Homosexuellen auch eine "extreme Traumatisierung" ausgelöst habe.

In Baden-Württemberg haben bislang erst 26 Personen einen Antrag auf eine Rehabilitierungsbescheinigung gestellt. Von dieser geringen Zahl zeigte sich der Ständige Ausschuss des Landtags in seiner jüngsten Sitzung überrascht, wie der Landtag am Freitag in Stuttgart mitteilte. Der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU) erinnerte daran, dass es Tausende strafrechtlicher Verurteilungen von Homosexuellen gegeben habe.

Ein Grund für die geringe Zahl der Anträge könnte laut Wolf sein, dass vielen Betroffenen eventuell gar nicht bekannt sei, dass es die Möglichkeit auf Rehabilitierung gebe. Denkbar sei auch, dass die strafrechtliche Verfolgung eine "extreme Traumatisierung" ausgelöst habe, die die Betroffenen nicht mehr durchleben wollten. Die Frist für die Beantragung von Entschädigungen wurde den Angaben zufolge um fünf Jahre bis Juli 2027 verlängert.

Für den Straftatbestand "Einfache Unzucht zwischen Männern" weise die Strafverfolgungsstatistik über 5.400 Verurteilungen auf. Die meisten Verurteilungen seien Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahren mit 500 bis 600 Fällen jährlich erfolgt, doch selbst in den 1990er Jahren habe es noch mehrere Dutzend Verurteilungen gegeben, berichtete Wolf. Der Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs war bis zum Jahr 1994 gültig, am 22. Juli 2017 ist das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung Homosexueller in Kraft getreten.