Göring-Eckardt: Es gibt mehrere Optionen

Katrin Göring-Eckardt
© Jens Kalaene/dpa
Katrin Göring-Eckardt sieht Deutschland vor vielfältigen Herausforderungen bei der Hilfe für ukrainische Kriegsflüchtlinge.
Kriegsgeflüchtete in Deutschland
Göring-Eckardt: Es gibt mehrere Optionen
Die humanitäre Hilfe für ukrainische Flüchtlinge steht nach den Worten der Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) vor vielfältigen Herausforderungen. In Deutschland gehe es um Verteilung, Schulbildung und Arbeitsmöglichkeiten. Die Menschen in den umkämpften Gebieten müssen Hilfsgüter auch erreichen.

Wichtig sei jetzt, "in Optionen zu denken", denn niemand könne sagen, wie lange der Krieg dauert, sagte Göring-Eckardt, die von 2009 bis 2013 auch Präses der EKD-Synode war, bei einer Online-Veranstaltung der Universität Gießen. Es könne sein, dass Menschen hier bleiben wollen, dass Männer nachziehen und sich eine Existenz aufbauen oder nur eine Zeitlang hier leben wollten.

Das ukrainische Schulsystem funktioniere noch online. Wer zum Beispiel kurz vor dem Schulabschluss stehe, sollte nicht mehr in das deutsche Schulsystem integriert werden, sondern schnell seinen Abschluss machen. "Identität erhalten, keine verlorenen Jahre schaffen", forderte Göring-Eckardt.

Viele Geflüchtete zögen derzeit in die Großstädte, wo die "Unterbringungsmöglichkeiten begrenzt sind", sagte die Grünen-Politikerin. Es gehe daher auch um die Frage der Verteilung. Allerdings hätten die Kriegsflüchtlinge das Recht, sich überall aufzuhalten.

Unter den Geflüchteten gebe es viele gut ausgebildete Menschen, sie müssten arbeiten können. Deutschkurse sollten schnell und unabhängig vom Aufenthaltsstatus geöffnet werden, forderte die Politikerin.

 

10,2 Millionen Menschen seien gezwungen, ihren Heimatort in der Ukraine zu verlassen, davon gingen 3,8 Millionen ins Ausland, berichtete Andrij Waskowycz vom Weltkongress der Ukrainer als dessen Beauftragter für humanitäre Hilfe. Sie zögen vor allem in die Nachbarländer, weil sie dort besser klarkämen und weil sie glaubten, dass der Krieg schnell vorübergehe. "Auf Deutschland kommt nur ein kleiner Anteil dieser Fluchtbewegung zu."

Ein großes Problem der humanitären Hilfe sei, dass sie zwar in die Ukraine gelange, "aber nicht an den Ort, wo sie benötigt wird", vor allem nicht in die stark umkämpften Städte, "wo Menschen teilweise ausgehungert werden und keinen Zugang zu Trinkwasser haben". Auf den Videos in den sozialen Netzwerken seien grausame Bilder zu sehen, die das Vollausmaß dieses Krieges zeigten. Sie seien wichtig, um Kriegsverbrechen zu dokumentieren, sagte Waskowycz.

Die Diakonie Katastrophenhilfe konzentriere sich derzeit stark auf Hilfe in den Nachbarländern der Ukraine, berichtete deren Leiter Martin Keßler. Man habe in sehr kurzer Zeit in sechs Ländern Hilfe ausgebaut. Zu der Online-Diskussion hatten das Gießener Zentrum Östliches Europa der Universität Gießen und die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde eingeladen.