TV-Tipp: "Der Bozen-Krimi: Verspieltes Glück"

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3. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Bozen-Krimi: Verspieltes Glück"
Auf einer Rennbahn geraten der spielsüchtige Holzschnitzer Höllriegel und der reiche Hotelier Staffler aneinander. Als Höllriegel wenige Tage später in seiner Werkstatt erstochen aufgefunden wird, verdächtigen Kommissarin Sonja Schwarz und ihr Kollege Jonas den Geschäftsmann, der mit seiner Tochter Gabriele und seinem Schwiegersohn Toni das renommierte "Staffler" betreibt.

Bevor die Bilder laufen lernten, haben sich die Menschen ihre Freizeit mit Fortsetzungsromanen vertrieben. Kino, Radio und Fernsehen haben diese Erzählweise gern übernommen. Heute, da alles jederzeit und überall verfügbar ist, wirkt die einstige Erinnerung an die Vorfreude aufs nächste Kapitel beinahe rührend.

Mit einigen ihrer Donnerstags- und Freitagsreihen spekuliert die ARD-Tochter Degeto allerdings nach wie vor auf diesen ganz besonderen Kitzel, wenn das Ende eines spannenden Handlungsstrangs vertagt wird. Liegen allerdings mehrere Monate zwischen den einzelnen Episoden, kommt es zunächst fast zwangsläufig zu einer gewissen Orientierungslosigkeit, weil eine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse offenbar verpönt ist. Die Qualität eines Drehbuchs zeigt sich nun unter anderem in der Frage, wie gut die Vorgeschichte integriert wird.

Bei den "Bozen-Krimis" ist das in der Vergangenheit oft eher schlecht als recht gelöst worden. Die vierzehnte Episode, "Verspieltes Glück", bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme, zumal ohnehin ganz schön viel erklärt wird, meist in Gestalt von Revierszenen, in denen sich Commissario Sonja Schwarz (Chiara Schoras) sowie Vater und Sohn Kerschbaumer (Gabriel Raab, Hanspeter Müller-Drossaart) auf den neuesten Stand der Ermittlungen bringen.

Zweites Manko der "Bozen-Krimis" war von Anfang die Kombination einer durchgehenden Erzählung, die sich über mehrere Episoden erstreckte, mit einem jeweils aktuellen Fall. Hier ging es um die Mafia, dort meist um Beziehungstaten. Oder anders gesagt: hier Thriller, dort gewöhnlicher TV-Krimi; da ist ein Spannungsgefälle fast unvermeidlich.

Außerdem fehlen der Hauptfigur Mit- und Gegenspieler von Format, seit Tobias Oertel (als Capo) und Thomas Sarbacher (als regionaler Mafiaboss) nicht mehr mitwirken, selbst wenn Leonardo Nigro als Michele Lagagna, neuer Statthalter der "Familie" in Südtirol, ein interessanter Schauspieler mit eindrucksvoller Präsenz ist. Ihren Reiz bezieht diese Ebene aus der Doppelrolle von Sonjas Geliebtem. Riccardo Riello (Stefano Bernardin) arbeitet für die Anti-Mafia-Behörde und hat als verdeckter Ermittler das Vertrauen von Lagagna gewonnen, muss sich aber nun wie ein Krimineller verhalten, um einen riskanten Plan seiner Behörde umzusetzen: Lagagna und seine Chefs sollen um eine enorme Summe gebracht werden, indem sie das Geld in ein Kraftwerk investieren, das jedoch nie gebaut wird. Die Idee hat eine erhebliche Schwachstelle: Die Vorsitzende (Picco von Groote) des Bauausschusses ist eine Grüne. Ohne ihre Zustimmung hat das Projekt keine Chance, und die Frau denkt überhaupt nicht daran, all’ das zu verraten, wofür sie steht.

Die zweite Ebene scheint übersichtlicher, aber nur auf den ersten Blick: Ein alter Holzschnitzer ist ermordet worden. Der Mann war spielsüchtig und hat buchstäblich Haus und Hof verzockt. Nun steht seine Tochter (Katja Studt) quasi vor dem Nichts: Die Hypothek auf das Eigenheim der Familie kann sie unmöglich bezahlen, außerdem leidet ihr kleiner Sohn unter Muskelschwund. Als wäre das noch nicht genug, konfrontiert das Drehbuch sie mit einem weiteren Schock, denn dieser Handlungsstrang birgt ein doppeltes Drama: Neben der bedauernswerten alleinerziehenden Mutter geht es auch um vom hartherzigen Oberhaupt (Miguel Herz-Kestranek als typischer Filmpatriarch) mit strenger Hand geführte Hoteliersfamilie, die ein düsteres Geheimnis hütet.

Da das Fernsehen entsprechende Geschichten schon öfter erzählt hat, dürfte der erfahrene Teil des Publikums umgehend hellhörig werden, wenn zwei gleichaltrige Kinder fast am selben Tag Geburtstag haben. 

Das Drehbuch stammt von "Taunuskrimi"-Regisseur Marcus O. Rosenmüller, der eher selten als Autor in Erscheinung tritt; und wenn doch, dann in der Regel für eigene Filme. Koautor war Kris Karathomas, mit dem Rosenmüller schon einige Male zusammengearbeitet hat. Viel zu viele Dialoge bestehen jedoch aus typischen Krimiversatzstücken, weshalb ein Mafia-Satz wie "Verträge werden mit Tinte unterschrieben, Kündigungen mit Blut" gleich kräftig aus dem Rahmen fällt.

Regie führte Thorsten Näter; "Verspieltes Glück" ist sein elfter "Bozen-Krimi". Die Inszenierung ist routiniert, aber echte Spannung kommt erst zum Finale auf, als es aus Sicht der Mafiajäger um alles oder nichts geht; diesen Teil des Films erzählt der Thriller-versierte Näter allerdings derart fesselnd, dass er das Herz tatsächlich schneller schlagen lässt.