Queer-Kampagne befeuert Diskurs in katholischer Kirche

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Initiative "#outinchurch"
Queer-Kampagne befeuert Diskurs in katholischer Kirche
Pfarrer, Ordensangehörige, Gemeindereferenten, Religionspädagoginnen: 125 Haupt- und Ehrenamtliche aus der katholischen Kirche outen sich als nicht heterosexuell. Bischöfe und Politiker begrüßen die Kampagne "#outinchurch".

Das Outing von 125 Beschäftigten der katholischen Kirche als queer befeuert die Diskussion um die Sexualmoral der katholischen Kirche. "Die Kirche muss ihre Sexualmoral ändern", forderte der Initiator der Queer-Kampagne "#outinchurch", Bernd Mönkebüscher, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst.

Der Aachener Bischof Helmut Dieser begrüßte die Kampagne. Sie sei ein Zeichen dafür, dass in der Kirche ein Klima der Angstfreiheit entstehen müsse. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) verwies auf die Forderung im Koalitionsvertrag, das Diskriminierungsverbot im Grundgesetz um das Merkmal der sexuellen Identität zu ergänzen.

Die queeren Haupt- und Ehrenamtlichen der katholischen Kirche formulierten ihre Forderungen in einem am 24. Januar veröffentlichten Manifest. Mit ihrem Outing als nicht heterosexuell gingen die Beteiligten auch ein berufliches Risiko ein, erklärte Mönkebüscher: "Es ist arbeitsrechtlich so, dass queere Menschen in verkündigungsnahen Berufen eine gleichgeschlechtliche Ehe nicht eingehen dürfen. Sie würden ihren Beruf verlieren."

Mit den von der Initiative gestellten Forderungen sollten deutsche Bischöfe nun "den Vatikan bestürmen", sagte der Pfarrer. Darüber hinaus forderte er die Änderung des Arbeitsrechtes unter Beteiligung der Politik.

Minister wünscht sich mehr Sensibilität

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), bezeichnete die Kampagne als ein "ebenso wegweisendes wie hoffnungsvolles Signal". Eine kurzfristige Änderung der im Arbeitsrecht verankerten Sonderregeln für Kirchen sei jedoch vorerst nicht denkbar: "Sowas geht nicht kurzfristig und schnell, sondern überlegt und im Dialog mit den Kirchen."

Justizminister Buschmann erklärte, niemand dürfe wegen seiner oder ihrer sexuellen Identität benachteiligt werden. "Bei allem Respekt vor dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht insbesondere im verkündungsnahen Bereich - dem muss auch die Kirche als einer der größten Arbeitgeber in Deutschland Rechnung tragen", sagte er. Die Realität zeige "sehr deutlich, wie wichtig es ist, den Schutz der sexuellen Orientierung und Identität sichtbarer zu machen und mehr Sensibilität für dieses Thema zu schaffen".

Bischöfe bieten Gespräche an

Indes machte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße den Beteiligten der Initiative ein Gesprächsangebot. Er habe Respekt vor den Menschen, die sich in dieser Aktion zu ihrer Homosexualität bekennen, und halte eine Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral und des kirchlichen Arbeitsrechts für notwendig, sagte er.

Bischof Dieser, Vorsitzender des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen - Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" beim katholischen Reformprozess Synodaler Weg, betonte: "Niemand darf wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert oder abgewertet oder kriminalisiert werden."

Generalvikar schildert eigene Erfahrungen

Auch das Bistum Essen unterstützt die Kampagne und verwies auf vorangegangene Äußerungen von Bischof Franz-Josef Overbeck gegenüber Medien, wonach er unter anderem zu einer "Entpathologisierung" der Homosexualität aufrief. Für kirchliche Angestellte im Ruhrbistum habe ein offenes Bekenntnis zur Homosexualität keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, erklärte Generalvikar Klaus Pfeffer. Er räumte aber ein, dass dies in der Vergangenheit anders gewesen sei.

Pfeffer beteiligt sich den Angaben nach mit einem Beitrag an dem gleichnamigen Buchprojekt "OutInChurch", das im Mai erscheinen soll. Darin schildere er die Sicht eines Leitungsverantwortlichen der katholischen Kirche auf das Thema und beschreibe seine eigene Entwicklung, hieß es. "Es war für mich als heterosexueller Mensch sehr befreiend, im Laufe meines Lebens immer mehr homosexuelle Menschen zu treffen und so ihre Sicht auf das Leben und die Liebe kennenzulernen." Zugleich habe er durch die Kontakte von dem Leid Betroffener erfahren, das die katholische Kirche mit ihrer rigiden Sexualmoral Menschen angetan habe, die nicht in das "hetero-normative Schema" passten.

Auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) sowie die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) begrüßten die Initiative. "Es ist hochnotwendig, dass die katholische Kirche in sich geht und über ihre Sexualmoral nachdenkt", sagte Henny Engels vom LSVD. Eine solche Initiative erhöhe den Druck auf die Kirche und richte den Blick auf ein Problem, das nicht nur ein deutsches, sondern ein weltweites sei. HuK-Vorstandsmitlied Thomas Pöschl unterstrich: "Dies ist ein Freudentag für die Kirche."