Klimaaktivisten verschärfen Ultimatum mit Durststreik

Klimaaktivisten verschärfen Ultimatum mit Durststreik
Die zwei hungerstreikenden Klimaaktivisten im Berliner Regierungsviertel nehmen seit Samstag auch keine Flüssigkeiten mehr zu sich. Sie wollen von Olaf Scholz die Zusicherung, dass er als möglicher Kanzler den Klimanotstand ausruft.

Berlin (epd). Die noch verbliebene zweiköpfige Klima-Hungerstreik-Gruppe im Berliner Regierungsviertel befindet sich seit Samstag auch im Durststreik. Sie würden solange keine Flüssigkeit zu sich nehmen, bis SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zusichert, dass er als nächster Bundeskanzler umgehend den Klimanotstand ausruft, sagten der 21-jährige Henning Jeschke und die 24-jährige Lea Bonasera am Samstag in Berlin. Die Forderungen richteten sich an Scholz, weil er „mit großer Wahrscheinlichkeit“ der nächste Bundeskanzler sein werde, hieß es von der Gruppe am Freitag.

„Wir befinden uns in einer Klimakrise und müssen die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine Katastrophe zu verhindern“, sagte Bonasera am Samstag. Nach Angaben der beiden Hungerstreikenden hat das Büro von Olaf Scholz bei Nachfragen die Bitte um eine Zusage wiederholt abgelehnt.

Deutschland sei als weltweit viertgrößte Industrienation einer der Hauptverantwortlichen für die Klimakrise, sagte Jeschke. Was gerade passiere, laufe nach wissenschaftlichen Modellen auf einen Kipppunkt im Klimasystem hinaus. „Damit können wir uns nicht abfinden“, sagte der Klimaaktivist.

Nach Angaben von Unterstützerinnen befinden sich beide unter ärztlicher Beobachtung. Unterstützt wird der 21-jährige Jeschke auch von seinem Vater Eckart Pscheidl-Jeschke. Der 51-jährige Fotograf aus Greifswald hält sich derzeit auch in dem Berliner Protestcamp auf.

Sein Sohn wolle kommunizieren, dass wir uns kurz vor einer Klimakatastrophe befänden, die viel Hunger bringen werde, sagte Pscheidl-Jeschke dem „Tagesspiegel“ (Samstag, online). Die Befürchtungen seines Sohns seien wissenschaftlich gedeckt und ihm als Vater stehe es gar nicht zu, zu bewerten, ob das nun gut oder schlecht sei, was er da tue, sagte der 51-Jährige: „Ich bin extrem besorgt, aber ich habe die Unterstützung an meinen Sohn nie an Bedingungen geknüpft. Ich bin sein Vater und deshalb bei ihm.“

Der Berliner Protestforschers Moritz Sommer sieht in der Klimabewegung keine grundsätzlichen Radikalisierungstendenzen. Das sei nicht zu beobachten - ganz anders als bei der Bewegung der selbsternannten „Querdenker“, sagte der Vorstand am Berliner Institut für Protest- und Bewegungsforschung dem „Tagesspiegel“ (Freitag, Online): „Hungerstreik ist ein sehr radikales Mittel, das auch große Teile der Klimabewegung kritisch sehen.“

Am Donnerstagabend war bereits ein erstes Ultimatum der ursprünglich siebenköpfigen Gruppe verstrichen. Die Aktivisten hatten gefordert, dass sich SPD-Kanzlerkandidat Scholz, CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet und Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zu einem öffentlichen Gespräch mit ihnen treffen. Scholz, Laschet und Baerbock sind aber nur zu nichtöffentlichen Einzelgesprächen nach der Bundestagswahl bereit.

Sechs der Aktivistinnen und Aktivisten hatten deshalb am Mittwoch den am 30. August begonnenen Hungerstreik beendet. Bonasera stieß am vergangenen Montag zu der Gruppe.