Was ist dran am Stern von Bethlehem?

Sternschnuppe am Sternenhimmel
© ClaudioVentrella/iStockphoto/Getty Images
Ulrich Heber ist Professor für Stellare Astrophysik an der Universität Erlangen-Nürnberg und erforscht Planete und Sterne. Er äußert sich zu Theorien rund um den Stern von Bethlehem.
Was ist dran am Stern von Bethlehem?
Astrophysiker Ulrich Heber kennt Fakten und Legenden
Der 6. Januar ist der Feiertag für die Heiligen Drei Könige, die auch als Weise oder Sterndeuter aus dem Morgenland bezeichnet werden. Ohne den Stern von Bethlehem hätten sie Jesus jedoch niemals gefunden. Was steckt hinter dieser 2.000 Jahre alten Himmelserscheinung?
05.01.2021
epd
Julia Riese

Ulrich Heber ist Professor für Stellare Astrophysik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Er sucht nach neuen Sternen und Planeten und erforscht sie. Und er kennt die Theorien rund um den Stern von Bethlehem.

epd: Herr Heber, gibt es Hinweise darauf, dass es damals tatsächlich eine Himmelserscheinung gab?

Heber: Wenn wir es vom astronomischen Standpunkt aus betrachten, sind da drei Konzepte. Das ist einmal die Kometenhypothese. Infrage käme der berühmte Halleysche Komet, der im Jahr 12 und 11 vor Christus zu sehen war. Das passt aber mit dem Geburtsjahr Christi nicht zusammen, von dem man vermutet, dass es zwischen 7 und 4 vor Christus gewesen ist. Es könnte auch ein unbekannter Komet gewesen sein, aber das ist unwahrscheinlich, weil ein so auffälliges Ereignis wäre auch in anderen Quellen erwähnt worden.

Zeitlich passen würde eine sogenannte Konjunktion zwischen Saturn und Jupiter, wo die zwei Planeten sehr nahe beieinanderstehen. Das ist etwas, was alle 20 Jahre vorkommt, aber damals gab es eine sehr seltene Dreifachkonjunktion. Die beiden Planeten kamen sich im Abstand von ein paar Monaten sehr nahe, liefen wieder auseinander und kamen wieder nah zusammen. Allerdings, wenn es wirklich Astronomen waren, die das in Babylonien beobachtet haben, konnten die damals schon sehr gut zwischen Sternen und Planeten unterscheiden. Dann wäre wohl nicht die Rede vom Stern gewesen. Und die beiden Planeten waren auch noch als zwei verschiedene Himmelskörper erkennbar.

Was ist dann die dritte Hypothese?

Heber: Dass es eine Supernova sein könnte, also ein Stern, der plötzlich auftaucht. Das kommt von lateinisch "nova" für "neu", also ein Stern, der am Ende seiner Lebenszeit so hell wird, dass er gut für das Auge sichtbar ist. Das kommt auch sehr, sehr selten vor, ist allerdings so auffällig, dass es in anderen Quellen Erwähnung finden müsste - und das ist nicht der Fall. Auch das ist also eine Theorie, die möglich ist, mir aber nicht besonders wahrscheinlich vorkommt.

Müssen wir dann den Stern von Bethlehem ins Reich der Fantasie verbannen?

Heber: Astrologische Deutungen, also zum Beispiel anhand von Horoskopen, sind natürlich möglich. Darin bin ich kein Experte. Das ist eine Möglichkeit, aber ich würde es eher in den Bereich der Legenden einordnen. Eine schöne Geschichte.

Als Professor für Astronomie und Astrophysik beschäftigen Sie sich tagtäglich mit Sternen - in diesem Fall mit echten. Was für Phänomene untersuchen Sie genau?

Heber: Was wir erforschen, ist die Entwicklung der Sterne, besonders das Ende davon. Auch Sterne leben nicht unendlich lange, sondern sie haben ihren thermonuklearen Fusionsvorrat, also was sie verbrennen können. Irgendwann ist das zu Ende und führt zu mehr oder weniger spektakulären Ereignissen, wie die Supernova-Explosionen oder auch das Verschmelzen von Sternen. Damit verknüpft interessiert uns auch die Bewegung der Sterne, weil solche Explosionen auch dazu führen, dass Sterne beschleunigt werden und durchs Universum rasen. Das geht bis hin zu solch gigantischen Geschwindigkeiten, dass einzelne Sterne die ganze Galaxis, also die Milchstraße, verlassen können.

Sie arbeiten in der Dr. Karl Remeis-Sternwarte in Bamberg. Aber Ihr Arbeitsalltag besteht ja nicht daraus, jede Nacht sinnierend in den Himmel zu schauen. Wie erforschen Sie das Universum?

Heber: Gerade wenn wir über Planeten bei anderen Sternen reden, erschließen wir etwas, was wir nicht tatsächlich sehen können. Also fast alle der 4.000 Planeten bei anderen Sternen, die gefunden wurden, sind nie gesehen worden. Wir untersuchen dann die Rückwirkungen auf das Muttergestirn. Durch die Gravitationsanziehung bewirkt jeder Planet einen kleinen Einfluss auf den Mutterstern. Viel an dieser Arbeit ist also indirekt. Das sind lange, komplexe Messreihen. Und das funktioniert auch bei Sternen. Wir suchen und untersuchen sehr enge Doppelsterne mit spektroskopischen Methoden, dass also ein Stern durch einen nicht sichtbaren Begleiter beeinflusst wird und eben genau das gleiche macht, wie wir es bei den Planeten beobachten. Solche kompakten Objekte können sogenannte Weiße Zwerge oder Neutronensterne oder sogar die berühmt-berüchtigten Schwarzen Löcher sein. Wir haben besonderes Interesse daran, solche Systeme zu finden, in denen eine Supernova bevorsteht, denn wir wüssten gerne, welche Sterne das bewirken.