Hilfswerke warnen vor Scheitern des Friedensprozesses in Kolumbien

Hilfswerke warnen vor Scheitern des Friedensprozesses in Kolumbien

Frankfurt a.M. (epd). Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen haben vor einem Scheitern des vor vier Jahren geschlossenen Friedensvertrags in Kolumbien gewarnt. Caritas international, Adveniat und weitere katholische Organisationen forderten die Bundesregierung am Freitag auf, mehr Druck auf die kolumbianische Regierung unter Präsident Iván Duque auszuüben und Entwicklungshilfe an die Erfüllung des Abkommens zu knüpfen.

Den Friedensvertrag hatte am 24. November 2016 der damalige Präsident, Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos, mit der Farc-Guerilla geschlossen. In den vergangenen Monaten haben jedoch Gewalt und Angriffe auf Menschenrechtsaktivisten in Kolumbien zugenommen. "Unsere Partner vor Ort sind massiv bedroht", erklärte Oliver Müller, Leiter von Caritas international. 2019 wurden 124 Aktivisten ermordet. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden 95 Menschenrechtsverteidiger umgebracht.

Außerdem starben 25 demobilisierte Farc-Kämpfer durch Mordanschläge. Seit ihrer Entwaffnung und Beteiligung am Friedensprozess im Jahr 2017 wurden damit mehr als 220 ehemalige Rebellen ermordet, wie es in der gemeinsamen Erklärung der Hilfswerke heißt. "Die Kommission für Sicherheitsgarantien, die federführend für die Regierung Maßnahmen entwickeln soll, um die Zivilgesellschaft wirksam vor Gewalt zu schützen, wird von der Regierung ignoriert und ausgebootet", erklärte Müller.

Menschenrechtler und ehemalige Farc-Kämpfer werden vor allem in abgelegenen Regionen und ehemaligen Kampfgebieten angegriffen. Dort streiten rechtsextreme paramilitärische Banden über die Kontrolle des Drogenhandels und bedrohen die Bevölkerung.

Seit seinem Amtsantritt im August 2018 will der konservative Staatschef Duque wichtige Teile des Friedensvertrages ändern. Das betrifft vor allem die Einrichtung der Sonderjustiz, denn er hält die Strafen für ehemalige Guerilla-Kämpfer für zu milde. Kritiker befürchten allerdings, dass mit den angekündigten Änderungen der gesamte Friedensvertrag hinfällig wird.

Bei dem seit mehr als 50 Jahren andauernden Bürgerkrieg in Kolumbien zwischen staatlichen Kräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs wurden mehr als 260.000 Menschen getötet, etwa sieben Millionen wurden vertrieben. Etwa 80.000 Kolumbianer gelten als vermisst. Das Land ist bis heute zerrissen. Mit der Guerillagruppe ELN gibt es noch keinen Friedensvertrag.