Nach Störaktionen: Parteiübergreifende Kampfansage an die AfD

Nach Störaktionen: Parteiübergreifende Kampfansage an die AfD
Die Störaktionen von AfD-Gästen im Bundestag werden das Parlament noch einige Zeit beschäftigen. Abgeordnete sehen durch die Vorfälle eine rote Linie überschritten.

Berlin (epd). Bundestagsabgeordnete von Union, SPD, Grünen, FDP und Linken werfen der AfD eine gezielte Strategie zur Beschädigung des Parlaments vor. Bei der von den Koalitionsfraktionen beantragten Debatte mit dem Titel "Bedrängung von Abgeordneten verurteilen - Die parlamentarische Demokratie schützen" am Freitag kündigten Parlamentarier parteiübergreifend ihren Widerstand gegen dieses Vorgehen an. Die Störaktionen durch AfD-Gäste am Rande der Abstimmung über das Infektionsschutzgesetz zwei Tage zuvor wurden von den Rednerinnen und Rednern scharf verurteilt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte bei der Aktuellen Stunde: "Seit Sie in dieses Haus eingezogen sind, geht es Ihnen darum, diesen Bundestag schlecht zu machen." Ziel der Störaktionen am Mittwoch war es seinen Worten nach, die Abstimmung "durch Nötigung" zu beeinflussen. Sie seien Tiefpunkt einer dauerhaften Strategie der AfD gewesen. Er rief den AfD-Abgeordneten zu: "Sie mögen vielleicht die Methoden der Weimarer Zeit anwenden, aber diese Demokratie hat aus Weimar gelernt, sie ist standhaft und sie ist wehrhaft und Sie erreichen nicht das, was Sie wollen." Der CSU-Abgeordnete Stefan Müller betonte, die Störaktionen seien "die offizielle Austrittserklärung der AfD aus dem parlamentarischen Diskurs" gewesen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, warf der AfD vor, die "Institution in den Schmutz" zu ziehen, "weil Sie sie hassen". Am Mittwoch sei ein "Tabubruch" vollzogen worden, die AfD sei zum ersten Mal "von technischer Obstruktion zur physischen Obstruktion des Parlaments" übergegangen. "Glauben Sie ja nicht, dass wir uns das gefallen lassen." Er kündigte an. "Wir werden alle bestehenden rechtlichen Instrumente nutzen, um uns dagegen zu wehren und wenn die nicht ausreichen sollten, dann werden wir sie erweitern."

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese sprach von einer "bewussten Grenzüberschreitung". Die Vorfälle würden strafrechtlich und ordnungsrechtlich geprüft. "Wehren wir uns diesen Anfängen." Seine Parteikollegin Barbara Hendricks beschrieb in ihrer Rede Provokationen aus den Reihen der AfD gegenüber Frauen im Parlament. Die Kolleginnen, die in der Nähe der AfD-Fraktion säßen, würden so beleidigt, dass nur sie es hörten, die Äußerungen aber nicht im Protokoll aufgenommen werden könnten. Einige Kolleginnen trauten sich abends spät nicht mehr, auf den Fluren des Bundestags unterwegs zu sein, weil sie bedrängt würden.

Die Linken-Politikerin Petra Pau erinnerte an den Einzug der NSDAP in den Reichstag der Weimarer Republik und an die Ansage von Joseph Goebbels: "Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir." Sie betonte, die demokratische Gesellschaft müsse das Land vor der AfD schützen.

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland entschuldigte sich als Fraktionsvorsitzender für das Verhalten der AfD-Gäste. Es sei unzivilisiert gewesen und gehöre sich nicht. Gleichzeitig wies er jegliche Schuld von sich und seinen Parteikollegen. Die Besucher seien ganz offiziell angemeldet gewesen und hätten die Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. "Wir konnten also nicht damit rechnen, dass so etwas passiert."

Abgeordnete der anderen Fraktionen bewerteten diese Aussagen Gaulands als "Täuschung" und sprachen von "Krokodilstränen". Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, sagte, der "Versuch der Zersetzung unserer Demokratie" sei das Ziel vieler in der AfD-Fraktion. "Sie wussten ganz genau, wen sie einladen und was die Absicht dieser Personen ist." Dies sei eine "konzertierte Aktion" gewesen. Den Provokateuren drohen nach Auffassung von Parlamentariern strafrechtliche Konsequenzen. Auch gegen die einladenden Abgeordneten werden Sanktionen geprüft.