Evangelisches Jugendwerk schult junge Geflüchtete

Gruppe Jegendlicher mit Mundschutz
©Getty Images/eyecrave
Geflüchtete können in dem Trainee-Progamm "Born for More" lernen, in Gruppen ehrenamtlich in der kirchlichen Jugendarbeit tätig zu werden.
Evangelisches Jugendwerk schult junge Geflüchtete
"Born for More" heißt ein Projekt, das junge Geflüchtete dazu befähigen will, ehrenamtlich in der kirchlichen Jugendarbeit tätig zu werden. Yasin Adigüzel, Referent beim Evangelischen Jugendwerk in Württemberg (EJW), erklärt, was es mit dem interkulturellen Trainee-Programm auf sich hat.

Herr Adigüzel, was möchte das Projekt "Born for More" erreichen?

Yasin Adigüzel: Junge Geflüchtete sollen nicht allein die Zielgruppe bei Angeboten der evangelischen Jugendarbeit sein, sondern auch zu Mitgestaltern werden. Über ein Schulungsprogramm, ähnlich dem klassischen Traineeprogramm, sollen sie ihre Stärken und ihre Interessen entdecken und fähig werden, sich ehrenamtlich zu engagieren - beispielsweise bei Freizeiten oder Gruppenstunden.

Wie sehen solche Schulungen aus?

Adigüzel: Das Konzept von "Born for More" ist bewusst sehr offengehalten, damit Interessierte aus unterschiedlichen Kreisen und Bereichen an dem Angebot andocken können. In Stuttgart-Echterdingen geht bald eine Schulung an den Start, die Teilnehmende eines offenen Jugendcafés zur ehrenamtlichen Mitarbeit heranführen will. Verschiedene Kirchengemeinden in Leonberg haben sich unter dem Dach der Evangelischen Allianz zusammengetan und bieten Schulungen speziell für Frauen an. In Bad Liebenzell ist das Kursprogramm verknüpft mit einem internationalen Gottesdienst, den eine "Born for More"-Gruppe gestaltet. In Stuttgart bietet das EJW "FreeStyle-Freizeiten" an, für die ehrenamtliche Mitarbeiter qualifiziert werden. Für viele der Teilnehmer ist ehrenamtliche Mitarbeit etwas Neues, weil sie aus ihren Herkunftsländern ehrenamtliche Strukturen gar nicht oder nur sehr rudimentär kennen.

Mit "Born for more" werden junge Menschen mit Migrationshintergrund für die ehrenamtliche Mitarbeit in der Gemeinde- und Jugendarbeit qualifiziert.

Das Projekt ist am 1. Mai 2020 gestartet, wie ist es bisher gelaufen?

Adigüzel: Wir sind genau mit dem Corona-Lockdown gestartet, was für unser Projekt ein herber Schlag war. Auch die geplanten Freizeiten im Sommer mussten abgesagt werden. Deshalb können wir noch nicht viel vorweisen. Aber wir hatten beim EJW schon letztes Jahr bei unseren "FreeStyle-Freizeiten" Mitarbeitende mit Fluchtintergrund dabei, die bereits in einigen Grundlagen der Mitarbeit geschult wurden - etwa im Aufsichtsrecht oder wie man vor einer Gruppe steht und eine Kleingruppe leitet. Das hat mich nachhaltig überzeugt, dass ein solches Projekt wichtig ist.

"Wir wollen lernen, respektvoll in Austausch zu kommen"

Das Projekt wird von der "Aktion Mensch" gefördert, und die 10.000 Euro, die wir nun vom EKD-Ratsvorsitzenden erhalten, bleiben nicht im Jugendwerk, sondern sollen zehn Lokalprojekten helfen, eine "Born for More"- Weiterbildung zu beginnen. Über eine Lerngemeinschaft, in der regelmäßig Kursleitende zusammenkommen, um sich auszutauschen, um voneinander zu lernen und neue Impulse zu bekommen, begleitet das EJW diese lokalen Projekte.

Ist die Schulung zur ehrenamtlichen Mitarbeit offen für junge Menschen aller Religionen?

Adigüzel: Für viele Menschen in unserer Gesellschaft ist Religion Privatsache und damit ein Thema, über das man nicht redet. Aber wir wollen Religion nicht komplett ausklammern, sondern darüber ins Gespräch kommen. Junge Geflüchtete, die in dieser Gesellschaft Fuß fassen wollen, müssen sich in einer religiös inhomogenen Gesellschaft zurechtfinden. Deshalb wollen wir in der evangelischen Jugendarbeit in dem geschützten Rahmen einer Weiterbildung lernen, respektvoll mit fremden Religionen in Austausch zu kommen.

In meiner langjährigen interkulturellen Arbeit merke ich immer wieder, dass dadurch Vorurteile abgebaut werden können. Natürlich ist es anders, wenn man als Trainees Muslime vor sich hat, statt Christen, aber es ist eine großartige Chance für Kirchengemeinden und die Teilnehmenden, religionssensibel zu werden, sich auszutauschen und sich selbst mit der eigenen Religion auseinanderzusetzen.