Evangelische Jugendarbeit? "Keine reine Gymnasiasten-Veranstaltung"

Jugendliche in Aktion
© jesus-loves-austin/Unsplash
Jugendliche brauchen einen eigenen Zugang zu christlichem Glauben und Kirche (Symbolbild).
Evangelische Jugendarbeit? "Keine reine Gymnasiasten-Veranstaltung"
Evangelische Hochschule Nürnberg stellt Jugendkirchen-Studie der ELKB vor
Junge Menschen brauchen einen eigenen Zugang zu christlichem Glauben und Kirche. Eine Studie der bayerischen Landeskirche beschreibt die Funktion der neuen "Jugendkirchen".

Vor 15 Jahren startete mit der "Nikolai Youth Church" in Neuendettelsau die erste Jugendkirche der evangelischen Landeskirche, fünf weitere sollten folgen. Von Anfang an bewegten sich diese Einrichtungen im Spannungsfeld zwischen "messianischem Eifer" der Mitarbeiter und Gäste einerseits und andererseits der Sorge, dass die Jugendkirchen anderen Gemeinden Konkurrenz in deren Jugendarbeit machen könnten. Der Leiter des Instituts für Praxisforschung und Evaluation an der Evangelischen Hochschule Nürnberg, Karl-Hermann Rechberg, der im Auftrag der Landeskirche eine Studie zur Jugendkirchenarbeit im Freistaat verfasst hat, kommt aber zu ganz anderen Ergebnissen.

Die beiden größten Gruppen der regelmäßigen Besucher einer Jugendkirche seien demnach die Altersklassen zwischen 14 und 16, interessanterweise aber auch die über 40-Jährigen. Die älteste Teilnehmerin der Umfrage in den sechs bayerischen Jugendkirchen, aus denen 477 Fragebögen vorwiegend online an das Nürnberger Institut zurückkamen, war 78 Jahre alt. "Es gibt in den Jugendkirchen also erfreulicherweise einen breiten Dialog zwischen Jugend, jungen Erwachsenen und weitaus älteren Menschen", sagte Rechberg bei der Vorstellung der Studie in der Nürnberger Jugendkirche LUX.

Nächste Überraschung: Jugendkirchen sprechen einen weitaus höheren Anteil an Mittel- oder Realschülern an, als erwartet. Ungefähr ein Drittel der Besucher kommt aus diesem Schulbereich. "Eigentlich hatte die evangelische Jugendarbeit immer das Image, eine reine Gymnasiasten-Veranstaltung zu sein. Hier steckt also noch viel Potenzial drin", meinte Rechberg. Was die Mitarbeitenden angeht, ist die Altersspanne der 20-40-Jährigen überproportional hoch vertreten.

Gefragt wurde unter anderem, welche Dinge am meisten an den Einrichtungen geschätzt werden, und ob auch außerhalb der Jugendkirche Bindungen an andere Gemeinden oder christliche Vereinigungen vorliegen. Auch wurden der schulische Bildungsgrad, die Motivation zu kommen, sowie das Selbstverständnis als Gemeindemitglied evaluiert. Dabei wurde deutlich, dass über das Gemeinschaftserlebnis in einer solchen Kirche hinaus auch viele bisher kirchenfremde Personen vorwiegend kulturelle Angebote annehmen und dadurch erreicht werden können.

Kirche in vielfältiger Gestalt

In seiner Studie räumte Rechberg überdies mit dem Vorurteil auf, dass Jugendkirchen den Ortsgemeinden die Jugendlichen abspenstig machen würden: Es gaben nur verhältnismäßig wenige der Befragten an, dass sie im Zuge ihres Konfirmandenunterrichts von einer Jugendkirche erfahren hätten und dort "hängen geblieben" seien. Die meisten regelmäßigen Besucher und auch spätere Mitarbeiter würden ganz klassisch von Freunden mitgebracht, oder kämen später auf eigene Initiative.

Jugendpfarrer Tobias Fritsche erklärte, dass Jugendkirchen nun nachweislich dazu beitragen würden, wie Jugendliche in ihrem Glauben gestärkt werden und eine positive Haltung zur Kirche entfalten. Denn die Befragten berichten von starken Gemeinschaftserfahrungen und Möglichkeiten, sich zu engagieren. Erwachsene würden in den Jugendkirchen ein alternatives Programm von Kirche erfahren, wo sie gerne hin gehen. Kirche in vielfältiger Gestalt brauche man an vielen Stellen, das sei keine Frage des Alters. Die große Stärke der Jugendkirchen liege darin, dass Jugendarbeit nicht in manchmal unattraktiven Räumen am Rande, sondern an einem zentralen oder gar besonderen Ort stattfinde, an dem sich ein neues spirituelles Zentrum entwickeln könne. Unabhängig von den jeweiligen Konzepten würden eine eigene Ästhetik sowie jugendkulturelle Ausdrucksformen ernst genommen und die Beteiligung der Besucher und Helfer in besonderer Form gelebt. Nicht zuletzt sei gottesdienstliches Handeln in unterschiedlichsten Formen ein integrierter Bestandteil dieser Form von evangelischer Jugendarbeit.

Die Jugendkirchenbewegung geht auf Ideen und Konzepte der Dekanatsjugendkammern von Nürnberg und München im Jahr 2005 zurück. Nach der Neuendettelsauer Kirche entstanden die LUX in Nürnberg, die Jugendkirche der Evangelischen Jugend München, "luv - Junge Kirche" in Lindau, "Das Loch" in Hof sowie "Das Rocksofa" in Rentweinsdorf.