Fastenmail Woche 26 - Lass es werden!

Fastenmail zum Zeit lassen in Corona Pandemie
©Getty Images/Westend 61
Manche Dinge brauchen Zeit. Wie ein Sauerteig. Pastor Frank Muchlinsky ruft in seiner Fastenmail dazu auf, dem Guten Zeit zu lassen.
Fastenmail Woche 26 - Lass es werden!
Sieben und mehr Wochen Zuversicht
Manche Dinge brauchen Zeit. Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht, Teig geht nicht auf, wenn man ihn nicht gehen lässt. Impfstoffe müssen vernünftig getestet werden. Frank Muchlinsky ruft dazu auf, dem Guten Zeit zu lassen.

Da sprach er: Wem gleicht das Reich Gottes, und womit soll ich's vergleichen? Es gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und warf's in seinen Garten; und es wuchs und wurde ein Baum, und die Vögel des Himmels wohnten in seinen Zweigen. Und wiederum sprach er: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen? Es gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.

Lukas 13,18–21 (Hier gelesen von Helge Heynold)

Liebe Unbeirrte,

den Bibeltext für diese Woche habe ich schon vor einigen Wochen ausgesucht, damit wir zum Beispiel genügend Zeit für die Produktion des kleinen Hörerlebnisses mit Helge Heynold hätten. Als sich dann aber in der letzten Woche die Nachrichten mehrten, dass ein paar Staaten damit anfingen, ihre nicht vollständig getesteten Impfstoffe gegen die Pandemie auf den Markt zu bringen, war ich verdutzt, wie ausgesprochen passend der Text gerade ist.

Jesus erzählt hier im Lukasevangelium zwei kleine Gleichnisse über das Reich Gottes. Im griechischen Original lautet dieser Begriff Βασιλεία τοῦ Θεοῦ (Basileia tou Theou). Wörtlich übersetzt bedeutet das die "Königsherrschaft Gottes". Gemeint ist der Bereich in der Welt, in dem sich Gottes Wille durchsetzt. Die Hoffnung war und ist bis heute, dass sich diese Königsherrschaft Gottes auf die gesamte Welt ausdehnen soll. Das drückt sich zum Beispiel im Vaterunser aus, wo gebetet wird: "Dein Reich (also deine Herrschaft) komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden." Das ist eine radikale Bitte, denn die Königsherrschaft Gottes bedeutet eben auch das Ende der Herrschaft aller anderen. Wo Gott regiert, ist seine Gerechtigkeit maßgeblich. Diese Vorstellung beschreibt das Paradies auf Erden, in dem es keine Gewalt und Unterdrückung, sondern Frieden und Gerechtigkeit gibt. Dass aber die ganze Welt so werden könnte, erscheint so unwahrscheinlich, dass man sich bald einig war: Das kann erst am Ende aller Zeiten geschehen.

Jesus allerdings sagt immer wieder, dass die Herrschaft Gottes schon angefangen hat. Zwei Kapitel vor unserem Bibeltext sagt er: "Wenn ich aber durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen." (Lk 11,20) Jesus hat in Gang gesetzt, was sich unaufhaltsam fortsetzen wird: Die Königsherrschaft Gottes über die ganze Welt. Das Problem dabei ist nur: Man bekommt es nicht immer mit, dass sich etwas tut. Und oft genug meint man zu sehen, dass sich Gottes Herrschaftsbereich ausbreitet, und muss feststellen, dass hier ganz andere Mächte am Wirken waren. Das wusste auch Jesus, weswegen er warnte: "Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier!, oder: Da! Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch." (Lk 17,20–21)

Was man also braucht, sind Geduld und Vertrauen darauf, dass es wird. Wie jemand, der einen Baum sät und weiß, dass er wachsen wird, wie jemand, die Sauerteig unter Mehl mengt und weiß, dass bald das ganze Mehl zum Brotteig wird. Der Teig wird recht schnell durchsäuert sein, trotzdem muss man warten und kann nicht sofort das Brot in den Ofen schieben. Und kein Vogel käme auf die Idee, sein Nest in einem gerade erst gekeimten Senfbäumchen zu bauen. Mit anderen Worten: Es wird gut werden, denn das Gute ist da und wächst. Doch wie die Impfstoffe, die überall auf der Welt gegen Covid-19 entwickelt werden, braucht es Zeit, damit es wirklich gut wird. Jesu Botschaft lautet: "Gebt dem Guten Zeit! Lasst es werden! Und fallt nicht auf die herein, die euch einreden wollen, es ginge schneller."

Weil wir gerade so sehnlich auf ein Ende der Pandemie warten, können wir uns gut vorstellen, wie sehr sich die unterdrückten Zuhörerinnen und Zuhörer Jesu wünschten, die Zeit der Macht der Kaiser und Diktatoren solle zu Ende gehen. Gottes Gerechtigkeit anstelle der Willkür anderer Menschen, unter der man tagtäglich leiden muss. Jesus ruft zur Zuversicht und gleichzeitig zur Umsicht auf. Das Reich Gottes ist da, aber ist im Werden. Gebt ihm die Zeit, die es braucht.

Wir werden weiterhin viel Zuversicht brauchen und Umsicht dazu. Wir werden uns weiterhin sehnen nach den Freiheiten, die uns fehlen, nach der Nähe, die wir vermissen. Es tut gut zu wissen, dass bereits viel getan wird – zum Glück nicht überall aus Profitgier oder um sich in der Welt zu profilieren. Lassen wir es werden!

Die Wochenaufgabe für diese Tage ist direkt aus dem Bibeltext entnommen, denn es ist eine wundervolle Übung dafür, geduldig zuzuschauen, wie etwas wird: Setzen Sie einen Sauerteig an und backen Sie schließlich ein Brot daraus! Beginnen Sie ganz von vorn: Nehmen Sie je eine halbe Tasse Roggenmehl und lauwarmes Wasser, verrühren Sie es zum Beispiel in einem Einmachglas zu einem dickflüssigen Teig. Legen Sie einen Deckel lose auf das Glas, und stellen Sie es an einen warmen Ort. Der dürfte in diesen Tagen nicht schwer zu finden sein. Nun geben Sie Ihrem werdenden Sauerteig Zeit und füttern Sie ihn jeden Tag mit jeweils einer halben Tasse Wasser und Mehl. Nach fünf Tagen sollte Ihr Sauerteig fertig sein, um ein Brot zu backen. Das Rezept dafür suchen Sie sich selbst nach Ihrem persönlichen Geschmack aus. Denken Sie daran: Von Ihrem Sauerteig können Sie vor dem Backen etwas abzweigen und aufheben. Wichtig ist: Immer, wenn Sie nach Ihrem Sauerteig schauen, können Sie sich daran erinnern, dass das Gute Zeit braucht.

Ich wünsche Ihnen eine gute Woche. Bleiben Sie gesegnet!

Ihr Frank Muchlinsky