TV-Tipp: "Väter allein zu Haus: Mark"

Altmodischer Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Väter allein zu Haus: Mark"
18.7., WDR, 20.15 Uhr
Im ersten Film der auf vier Teile angelegten ARD-Reihe "Väter allein zu Haus" haben Jan Martin Scharf und Arne Nolting von einem Mann Ende fünfzig erzählt, der seiner Lebensgefährtin zuliebe seinen Beruf aufgibt und sich fortan um die soeben eingeschulte kleine Tochter und den Haushalt kümmert. Im Mittelpunkt der zweiten Episode steht sein bester Freund.

Mark (David Rott) und seine Frau Judith (Felicitas Woll) haben den Rollentausch bereits Jahre zuvor vollzogen. Sie konnte sich ihrer Karriere als Klinikärztin widmen; nun bietet sich ihr die Chance, Leiterin der Notaufnahme zu werden. Als Tochter Anna in die Schule kommt, kehrt Mark halbtags in seinen Beruf als Werbefachmann zurück und erlebt nun prompt all’ das, was in der Regel Frauen widerfährt: Daheim wirft Judith ständig die Abmachungen über den Haufen, sodass Mark dauernd zu spät zur Arbeit kommt oder mittendrin plötzlich weg muss; und seine Chefin (Tanja Schleiff) entpuppt sich als Firmendrachen, der keinerlei Verständnis für Mitarbeiter hat, denen das Wohlergehen ihrer Kinder wichtiger ist als der Erfolg des Unternehmens. Als Mark der doppelte Druck über den Kopf wächst, lässt er sich zu einem Kuss mit Ramona (Nadja Becker) hinreißen: Im Gegensatz zur ständig gestressten Judith ist die Annas Lehrerin immer gut drauf. Mittags haben sie bei einer Klassenexkursion eine brenzlige Situation überstanden, abends treffen sie sich zufällig als einsame Herzen in einem Lokal, eins kommt zum anderen; aber der unbedachte Moment hat zur Folge, dass Marks Ehe auseinanderzubrechen droht.

Das klingt nach Drama, ist aber wie schon der erste Film eine kurzweilige, unterhaltsame und stellenweise ausgesprochen amüsante Komödie, wenn auch mit Tiefgang. Schon allein die Farbgebung signalisiert Wohlfühlfernsehen. Die Menschen aus Wuppertal werden ihren Heimatort womöglich trotz der ständig durch Bild fahrenden Schwebebahn nicht wiedererkennen: Scharf hat auch diesmal wieder Regie geführt und dafür gesorgt, dass Kameramann Markus Eckert die in ein mildes Herbstlicht getauchte Stadt von ihren schönsten Seiten zeigt. Auch der erzählerische Tonfall ist nie dramatisch, selbst wenn einige Ereignisse keineswegs komisch sind: Während des Schulausflugs geht ein Junge verloren, und bei der Arbeit erfährt Mark am eigenen Leib, wie sich sexuelle Belästigung anfühlt; die unsympathische Vorgesetzte verfolgt ihn sogar bis aufs Männerklo. Scharf hat diese Szenen mit dem nötigen Ernst inszeniert. Das gilt auch für die Ehekrise. Judith hat nach bestandener Prüfung für den Facharzt in Rettungsmedizin wieder mehr Zeit und engagiert sich zu Marks großem Unbehagen in der Schule, wo sich Ramona mehr als seltsam benimmt; bis sie Judith schließlich gesteht, was vorgefallen ist. Trost findet die Medizinerin unter anderem bei einem schmucken Assistenzarzt, worüber sich wiederum Mark entrüstet.

Neben der Bildgestaltung, der lebensnahen Geschichte und den stellenweise ziemlich flotten Dialogen imponiert der Film vor allem durch die darstellerischen Leistungen. Dass die Schauspieler ausnahmslos gut zu ihren Rollen passen, ist das eine, aber es gelingt ihnen auch eine perfekte Balance auf dem schmalen Grat zwischen Drama, Komödie und Lustspiel. Mark muss gleich mehrfach Zwiegespräche üben: Erst will er Judith von dem Kuss erzählen, später bittet ihn der Besitzer der PR-Agentur, seiner Vorgesetzten die Entlassungspapiere zu übergeben. Oft sind solche Monologe ungelenk, aber David Rott gelingt es sogar, beim Spiegeldisput mit sich selbst nicht peinlich zu wirken. In den anderen Auseinandersetzungen entpuppt er sich jedoch als Feigling, der um den heißen Brei herumredet.

Der Film funktioniert zwar auch dann, wenn man den ersten nicht gesehen hat, zumal es sich ja nicht um eine Fortsetzung handelt; aber natürlich macht er dann mehr Spaß, weil Marks bester Freund Gerd (Peter Lohmeyer) und seine Frau, Judiths beste Freundin Michaela (Christina Große), bereits eingeführt sind. Dem Reihentitel zum Trotz sind die Frauen im zweiten Teil ohnehin noch stärker in die Handlung involviert. Judith ist daher auch keineswegs die Antagonistin des Films, selbst wenn Mark sie zwischendurch so empfindet, weil ihm die Anerkennung für seinen Beitrag zum Funktionieren der Familie fehlt und Judith seine Arbeit für ein besseres Hobby hält; auch in dieser Hinsicht sind Nolting und Scharf, beide für die Vox-Serie "Club der roten Bänder" mit allen wichtigen deutschen Fernsehpreisen ausgezeichnet, dem Konzept des Rollentauschs treu geblieben.

Das Beste sind jedoch die zum Teil von viel Wortwitz geprägten und von allen Beteiligten bestens gespielten Dialogszenen. Gerd ist zum Beispiel überzeugt, Frauen wollten zwar Männer, die zärtlich und sensibel sind, aber im Grunde hätten sie am liebsten einen Gladiator-Kerl wie Rasselkroff. Mark muss zwar auch erst mal überlegen, wen sein Freund damit meint, setzt die Anregung daheim aber gleich mal in die Tat um, nicht ahnend, dass sich Judith mitten in einer Videokonferenz mit dem Klinikvorstand befindet. Gegenstück zu diesen übermütigen Momenten sind die nicht minder glaubwürdig vorgetragenen Ehekrachgespräche zwischen Judith und Mark, und wer hätte gedacht, dass die beiden ausgerechnet durch Kopfläuse wieder zum Team werden; der entsprechende Dialog setzt den vielen heiteren Szenen die Krone auf.