TV-Tipp: "Meister des Todes 2"

Altmodischer Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Meister des Todes 2"
1.4., ARD, 20.15 Uhr
Vor fünf Jahren hat Daniel Harrich in seinem aufrüttelnden Drama "Meister des Todes" deutsche Waffenexporte in Krisengebiete angeprangert. Der Film beschrieb, wie der württembergische Waffenhersteller HSW mit Duldung der Politik die Auflagen der Rüstungsexportkontrolle umgehen konnte, um Gewehre nach Mexiko liefern zu können.

In der Fortsetzung erzählt der Autor und Regisseur, wie die Geschichte weitergeht: Die Protagonisten müssen sich vor Gericht der Frage stellen, ob sie gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen haben; es verbietet die Ausfuhr von Waffen in Krisenregionen. Der Prozess wird allerdings nur den Mitarbeitern des Unternehmens gemacht; die Politik muss keine Anklage fürchten.

Der erste Akt des Films ist eine geschickte Kombination aus Gerichtsdrama und erschütternden Szenen aus Mexiko. Während die führenden Köpfe der HSW, Geschäftsführer Zöblin (Axel Milberg) und Vertriebschef Stengele (Heiner Lauterbach), vor dem Stuttgarter Landgericht nicht viel zur Wahrheitsfindung beitragen, demonstrieren irgendwo in der mexikanischen Provinz Studenten gegen die korrupte Regierung. Auf der Heimfahrt wird ihr Bus von der Polizei gestoppt. Als die jungen Leute aussteigen, richten die Polizisten ein Massaker an. Es gibt 43 Tote, hingerichtet mit den Gewehren der HSW. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, aber die zynischen Fabrikanten waschen ihre Hände in Unschuld, und die Politik hält ihre schützende Hand über das Unternehmen, schließlich ist es wegen seiner Schlüsseltechnologie für die Sicherheit des Staats von großer Relevanz.

Seit seinem Film über das Oktoberfestattentat 1980 ("Der blinde Fleck", 2014) beeindruckt Daniel Harrich, Sohn des bekannten Dokumentarfilm- und Produzentenpaars Walter Harrich und Danuta Harrich-Zandberg, gemeinsam mit Koautor Gert Heidenreich immer wieder mit Polit-Thrillern zu brisanten Themen. Die Dramen sind immer durch authentische Ereignisse inspiriert: In "Gift" (2017) ging es um den milliardenschweren Handel mit gefälschten Medikamenten, "Saat des Terrors" (2018) schilderte, wie westliche Geheimdienste den islamistischen Terrorismus groß gemacht haben. Dank aufwändiger Recherchen ist die Beweisführung jedes Mal schlüssig, zumal sich die Handlung der Filme an der Realität orientiert. Der Prozess gegen die HSW-Bosse ist einer Verhandlung gegen einen großen schwäbischen Waffenproduzenten nachempfunden, wie die im Anschluss an den Thriller ausgestrahlte Dokumentation "Tödliche Exporte 2" zeigt.

Bei den Umsetzungen seiner Stoffe orientiert sich Harrich an den Maßstäben des Kinos. Die Bildgestaltung durch Michael Praun ist exquisit. In den Gerichtsszenen verhindern elegante Kamerafahrten, dass die Szenen zum Kammerspiel werden; in Mexiko lassen Aufnahmen mit der Handkamera die Bilder dokumentarisch wirken. Eindrucksvoll ist wie stets auch die Besetzung. In "Meister des Todes 2" wirkt unter anderem Heinz Hoenig in einer winzigen, aber wichtigen Rolle als korrupter Politiker mit. Udo Wachtveitl spielt wie in Teil eins den Repräsentanten der Firma in Mexiko, Oliver Mommsen den Staatsanwalt, Heio von Stetten einen Unternehmensberater, der im Auftrag der Staatsanwaltschaft recherchiert hat, aber von HWS bezahlt worden ist, und Désirée Nosbusch die vorsitzende Richterin, deren Zynismus der Farce ihres Urteil die Krone aufsetzt.

Die entscheidenden Figuren der Geschichte sind ohnehin weiblich: Menschenrechtsanwältin Schuhmann (Katharina Wackernagel) will erreichen, dass die Angehörigen der ermordeten mexikanischen Jugendlichen als Nebenkläger auftreten dürfen. Unerwartete Hilfe bekommt sie ausgerechnet von der Frau des Vertriebschefs. Sabine Stengele (Veronica Ferres) ist der Geschäfte ihres Mannes schon lange überdrüssig und stellt ihm ein Ultimatum: die Firma oder ich. Der Gatte entscheidet sich richtig und kündigt an, umfassend auszusagen. Bevor es dazu kommt, rafft ihn jedoch ein Herzinfarkt dahin. Zöblin sorgt persönlich dafür, dass keinerlei belastende Unterlagen im Haus der Stengeles zurückbleiben, übersieht jedoch eine Kladde, die die Witwe der Anwältin überlässt; allerdings mit der Bedingung verknüpft, dass sie Schuhmann nach Mexiko begleiten darf.

Im ersten Film war Sabine Stengele noch eine Nebenfigur. Diesmal rückt sie ins Zentrum der Handlung, aber einige Szenen mit Veronica Ferres gehören zu den schwächsten des Films. Gerade die Auseinandersetzungen zu Beginn haben zum Teil Soap-Charakter. Seltsam auch, dass nicht etwa die Anwältin, sondern die empörte Gattin das moralische Gewissen des Films verkörpert. Dass die Frau ein erhebliches Alkoholproblem hat, weshalb sie von den Kollegen ihres Mannes wahlweise als "versoffene Kuh" oder "armselige Schnapsdrossel" bezeichnet wird, soll natürlich ihre seelischen Nöte unterstreichen, wirkt stellenweise aber aufgesetzt, zumal sich die entsprechenden Szenen deutlich vom nüchternen Spiel Wackernagels abheben. Auch Milberg schießt gelegentlich übers Ziel hinaus. Gemessen an der Kraft des Films und der skandalösen Thematik fallen diese Momente jedoch nicht weiter ins Gewicht. Angesichts des Anspruchs ist es ein größeres Manko, dass die Mexikaner nicht spanisch sprechen dürfen. Wie in den Auslandskrimis der ARD-Tochter Degeto können alle Beteiligten perfekt deutsch; gerade in den Klageszenen hätten die Originalstimmen womöglich überzeugender geklungen.