TV-Tipp: "Tatort: Mia san jetz da, wo’s weh tut" (BR)

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TV-Tipp: "Tatort: Mia san jetz da, wo’s weh tut" (BR)
24.3., BR, 20.15 Uhr
Obwohl Max Färberböck keine zwanzig Filme gedreht hat, gehört der Grimme-Preisträger zu den renommiertesten deutschen Regisseuren; er hat Mitte der Neunzigerjahre die ersten "Bella Block"-Krimis inszeniert und ist für seine Kinofilme "Aimée & Jaguar" und "Anonyma" mehrfach ausgezeichnet worden.

Zuletzt hat der Regisseur vor allem für den Bayerischen Rundfunk gearbeitet; er ist Schöpfer des "Tatort"-Teams aus Franken und hat die nur im "Dritten" gezeigten Niederbayernkrimis gedreht. Kein Wunder, dass ihm der BR vor einigen Jahren auch das Jubiläum der Münchener "Tatort"-Kommissare anvertraut hat: 1991 haben Leitmayr und Batic (Udo Wachtveitl, Miroslav Nemec) ihren ersten Mörder gesucht; gemeinsam mit der Ludwigshafener Kollegin Odenthal, die seit 1989 ermittelt, sind sie mit Abstand die dienstältesten "Tatort"-Ermittler. Ihr 72. Fall, den der BR heute wiederholt, ist allerdings alles andere als eine fröhliche Feier; die beiden haben ohnehin keine große Lust auf heitere Betriebsamkeit. Wenn es doch mal kurz witzig wird, etwa beim Dialog zweier Polizisten über Tätowierungen an ungewöhnlichen Körperteilen, ist der Humor eher grimmiger Natur.

Aber auch den Zuschauern macht es Färberböck, der das Drehbuch gemeinsam mit Catharina Schuchmann geschrieben hat, nicht leicht; der Film trägt seinen Titel "Mia san jetz da, wo’s weh tut" nicht zu Unrecht. Die Farben sind hart, selbst das Sonnenlicht wirkt trotz der spätsommerlichen Drehzeit kühl; Kameramann Alexander Fischerkoesen, ähnlich renommiert wie Färberböck, sorgt bei der ersten Zusammenarbeit für reizvolle Schattenspiele, die unter anderem zur Folge haben, dass die Augen der Mitwirkenden gerade bei den Zwielichtaufnahmen in tiefen Höhlen zu liegen scheinen. Es spielen ohnehin viele Szenen im Halbdunkel; mitunter gibt es auch nur kleine Lichtinseln, die kaum genügen, um alles erkennen zu lassen.

Ähnlich undurchsichtig ist die Verpackung der Geschichte. Letztlich geht es um den scheinbar aufgeklärten Mord an einer jungen rumänischen Prostituierten. Weil einer der Beteiligten ein alter Spezi von Batic ist, hat der sich aus den Ermittlungen rausgehalten, aber nach der Urteilsverkündung besteht er darauf, dass der Fall noch mal aufgerollt wird. Tatsächlich stellt sich raus, dass die Tote gar nicht die Frau war, für die die Polizei sie gehalten hat, und der geständige Mörder bloß ein freiwilliges Bauernopfer. Trotzdem will Batic nicht akzeptieren, dass sein alter Kumpel Harry Schneider (Robert Palfrader) in die Sache verwickelt ist. Leitmayr dagegen hält den Mann für einen "ganz ordinären Nuttentreiber": Schneider ist eine Rotlichtgröße, hinter seinem kumpelhaftem Auftreten verbirgt sich eiskaltes Kalkül. Während die Kommissare noch versuchen, die verschiedenen Fäden zu entwirren, die in der Tat allesamt bei Schneider zusammenlaufen, schwebt ein Pärchen in großer Gefahr: Ein junger Mann (Max von der Groeben) hat die vermeintlich tote Rumänin Mia (Nicole Mercedes Müller) damals gerettet und versteckt sie nun auf einem maroden Bauernhof, aber Schneiders Killer kommen immer näher, und so erzählt der Film auch noch eine tragisches Liebesgeschichte.

Erst spät rückt das Drehbuch mit der Erklärung für die Gewaltserie raus, die am Ende ein  rund ein halbes Dutzend Menschenleben gekostet und weitere zerstört hat. Allerdings sind die grausamen Hintergründe dank eines immer wieder in Ausschnitten eingespielten Videofilms zu erahnen. Freude bereitet "Mia san jetz da wo’s weh tut" ohnehin nicht; Färberböck und Fischerkoesen hatten ganz offensichtlich keinen gefälligen Film im Sinn. Dazu passt auch der authentische Rahmen mit den jungen Rumäninnen, die aus einem Elendsviertel in Bukarest ohne Umweg in deutschen Bordellen landen. Ein äußerst unbequemes und ziemlich spezielles, handwerklich aber überaus kunstvolles Jubiläumsgeschenk, das sich zudem durch eine ähnlich ungewöhnliche, aber interessante Musik auszeichnet. Gespielt ist der Film ohnehin vorzüglich. Gerade Robert Palfrader gelingt eine unangenehm gute Gratwanderung zwischen Jovialität und Skrupellosigkeit. Außerdem galt schon 2016, was auch heute noch Gültigkeit besitzt: Dass den beiden Hauptdarstellern nach so vielen Jahren keine Abnutzungs- oder Ermüdungserscheinungen anzusehen sind, ist aller Ehren wert.