Aufruf zum Whistleblowing keine Straftat

Aufruf zum Whistleblowing keine Straftat

Bonn, Zweibrücken (epd). Der Aufruf an Soldaten, die Öffentlichkeit über eine Beteiligung der deutschen Luftwaffe an völkerrechtswidrigen amerikanischen Drohneneinsätzen zu informieren, ist nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Bonn nicht strafbar. Die Ermittlungsbehörde habe ein Strafverfahren gegen den Friedensaktivisten Hermann Theisen eingestellt, teilte ein Sprecher am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Es bestehe kein hinreichender Tatverdacht. Sogar das Bundesverteidigungsministerium war zuvor dem Ergebnis gekommen, dass die von Theisen verfassten Flugblätter keinen Aufruf zum Verrat von Dienstgeheimnissen darstellten.

Der Friedensaktivist hatte im Frühjahr vor dem US-Stützpunkt Ramstein bei Kaiserslautern und vor weiteren militärischen Einrichtungen weitgehend identische Aufrufe zum Whistleblowing verteilt. Nach der Verteilung nahmen mehrere Staatsanwaltschaften Ermittlungen gegen ihn auf. In einem Fall wurde er wegen des Aufrufs zu Straftaten angeklagt, vor dem Amtsgericht Bad Berleburg jedoch von dem Vorwurf freigesprochen.

Nach der Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft in Bonn läuft vorerst ein weiteres Verfahren wegen desselben Vorwurfs, das von der Staatsanwaltschaft in Zweibrücken bearbeitet wird. Dort liegt inzwischen auch eine Strafanzeige von Theisen selbst vor. Darin fordert der Aktivist die Strafverfolgungsbehörden auf zu klären, welche Rolle die Relaisstation in Ramstein bei der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani und seiner Begleiter durch eine US-Drohne spielte.

Die Einrichtung in der Pfalz mache den Einsatz von amerikanischen Kampfdrohnen im Nahen Osten unter Echtzeitbedingungen überhaupt erst möglich, argumentierte er. "Dem Nato-Truppenstatut zufolge sind die in Deutschland stationierten Truppen generell verpflichtet, das Recht des Aufenthaltsstaates zu achten", begründete Theisen seine Aufforderung, gegen die verantwortlichen Militärs zu ermitteln. Denn die Tötung des Generals müsse als "politischer Mord" verstanden werden. Wie die Staatsanwaltschaft Zweibrücken mit dieser Strafanzeige umgeht, ist bislang noch nicht klar.