Gelsenkirchen (epd). Das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche kritisiert die Beendigung eines Kirchenasyls in Gelsenkirchen durch die Ausländerbehörde und die am gleichen Tag erfolgte Abschiebung des Betroffenen nach Dänemark. Bereits am vergangenen Montag habe die Ausländerbehörde der Stadt Gelsenkirchen einen jungen Mann aus Afghanistan aus dem Kirchenasyl in den Räumlichkeiten der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Gelsenkirchen-Buer herausgeholt und über den Flughafen Frankfurt am Main abgeschoben, teilte das Netzwerk Kirchenasyl am Mittwoch mit. Mit der Überstellung nach Dänemark als dem zuständigen EU-Erstaufnahmeland drohe dem Mann nun unmittelbar eine Abschiebung ins Herkunftsland Afghanistan.
Die Eltern und der minderjährige Bruder des Mannes hatten sich den Angaben des Netzwerks zufolge bis November 2019 ebenfalls in der Gelsenkirchener Gemeinde im Kirchenasyl befunden. Dieses konnten sie jedoch nach einer positiven Gerichtsentscheidung verlassen und befinden sich den Angaben zufolge nun im Asylverfahren in Deutschland. Ziel des den Behörden gemeldeten Kirchenasyls sei es gewesen, die Familie vor einer Dublin-Überstellung nach Dänemark zu schützen, hieß es. Denn von dort drohe eine sofortige Abschiebung ins Herkunftsland Afghanistan. Der Mann habe, anders als seine Angehörigen, eine verlängerte Überstellungsfrist überdauern müssen, um ins reguläre Asylverfahren zu gelangen zu können.
Dieser Fall bedeute die erste gewaltsame Auflösung eines Kirchenasyls in NRW seit 2016 mit einem Fall in Münster, kritisierte das Netzwerk. Dabei gelte seit 1995 eine Verabredung mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung, dass Kirchenasyle respektiert und nicht behördlicherseits gebrochen werden sollen. Das Netzwerk kritisiert zudem die Familientrennung und spricht von einem Tabubruch. Nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" gab es Ende 2019 bundesweit 425 bekannte aktive Kirchenasyle mit mindestens 678 Personen, davon 147 Kinder. 382 der Kirchenasyle sind den Angaben zufolge sogenannte Dublin-Fälle.
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